Mit Schalke in Barcelona – Teil 2

02. Mrz. 2006 | Keine Kommentare

Monasteria in Barcelona (UEFA-Cup 2005/06)

Unser zweiter Tag in Barcelona begann mit einem gemeinsamen Frühstück in einer Café-Bar an der „Carrer de Cardenal Casanas“ nur wenige Meter von unserem Hotel entfernt. Obwohl die Bar eigentlich direkt an der Ramblas liegt, kostete ein Pott Milchcafé zusammen mit einem Mini-Xapata (ein mit Tomatenpaste bestrichenes und wahlweise mit Schinken, Käse oder Wurst belegtes, warmes Brötchen) im Kombiangebot nur schmale zwei Euro. Henrietta und ich hatten den Laden schon bei unserem letzten Barcelona-Trip entdeckt und für gut befunden.

Erwartungsfroh ging es dann zur Ramblas, wo sich nun immer mehr Schalker einfanden. Nach einem kurzen Abstecher in die berühmte Markthalle „La Boqueria“ [kleines Gruppenbild v.l.: Fränkie, Oliver, Michael, Georg] und in einen Supermarkt (Dosenbier ab 19 Cent pro Büchse, ich wählte die 41-Cent-Variante) fassten Oliver und ich den Entschluss, dass es nun an der Zeit sei, das Banner unseres Fanclubs Monasteria zu entrollen und unseren Trip fotografisch zu dokumentieren. Als Kulisse suchten wir uns zwei „Lebende Statuen“ aus, von denen es auf der Ramblas nur so wimmelt.

„Lebende Statuen“ sind Schauspieler, die sich mit – zumeist goldener – Farbe anmalen, schwere Gewänder tragen, die im Wind nicht flattern, sich auf ein Podest stellen und dann einfach still und stumm verharren. Bereits am Vorabend waren wir über eine dieser Statuen buchstäblich gestolpert. Erst im Vorbeigehen bemerkte ich, dass die anscheinend schwere Bronze-Statue, die einen Arbeiter mit Grubenlampe zeigte, in der Tat ein Mensch war. Als ich die anderen Mitfahrer rief um sie mit dieser Besonderheit der Ramblas vertraut zu machen, wollten mir einige erst gar nicht glauben, dass es sich dabei nicht um das Werk eines Künstlers handelte. Die Statue ließ sich noch nicht einmal zu einer Reaktion hinreißen, als wir (Stichwort: Grubenlampe) mehrstimmig „Glückauf, der Steiger kommt“ anstimmten und ihr anschließend das bereitgestellte Töpfchen mit Münzen füllten.

Für unsere Banner-Präsentation wählten wir allerdings nicht den Steiger vom Vorabend, sondern ein Pärchen Fabelwesen. Die eine ein Engel, ihr Kumpel ein Zentaur – das war uns als Kulisse durchaus stilvoll genug. Unseren Plan, den beiden schnell mal ein paar Cent in das Töpfchen zu stecken, dann das Banner zu entrollen und in einer Blitz-Aktion fotografieren zu lassen, durchkreuzten die Statuen aber umgehend. Gestenreich bedeutete uns der Engel, dass wir ihm doch das eine Ende des Banners in die Hand geben und das andere dem Pferdemenschen überlassen sollten. Das ließen wir uns nicht zweimal sagen und so entstanden eine Reihe wirklich schöner Fotos. Als uns der Engel beim Abschied auch noch ein kleines Geschenk in Form eines Mini-Sternchens in die Hand drückte und uns viel Glück wünschte, wussten wir, dass für Schalke heute nichts mehr anbrennen kann.

Da die Zeit bis zum Spiel aber noch weit war und sich die richtige Schalker Partystimmung nach wie vor nicht einstellen wollte, packten wir das Banner zunächst wieder zusammen und gingen zum Innenstadt-Sightseeing über. Während die anderen aus unserer Gruppe die Basics (Hafen, Rambla de Mar etc.) abklapperten, nutzten Henrietta und ich die Möglichkeit, die Kathedrale von Barcelona eingehender zu besichtigen, die wir bei unserer letzten Reise noch aus Zeitgründen links liegen gelassen hatten. Nachdem wir uns die eindrucksvolle Kirche mit ihren beinahe 30 reich geschmückten Seitenaltären (in einem fand gerade eine Privatmesse für zwei Besucher statt) ungefähr eine Stunde lang angeschaut hatten, trafen wir beim rausgehen auf eine nette alte Bekannte von mir: Anne.

Anne kenne ich schon seit mindestens 1998. Damals war sie gerade, was Schalke angeht, „Novizin“ und besuchte ihre ersten Spiele. Damals war ich noch der „große Fan mit Dauerkarte und Auswärtsspiel-Erfahrung“. Das hat sich mittlerweile gründlich geändert. Wie Anne mir mitteilte, ist sie mittlerweile „Allesfahrerin“ – das bedeutet: alle Heimspiele, alle Auswärtsspiele, gleich ob in Deutschland oder im Ausland. Respekt – dafür hätte ich weder Zeit noch Geld, noch würde sich Henrietta das Ganze längere Zeit anschauen. Anne vermittelte uns dann auch noch direkt eine Eintrittskarte im Schalke-Block für Mitfahrer Michael, der ohne Ticket angereist war.

Der Tag neigte sich dem frühen Nachmittagsstunden zu. Es wurde also Zeit, den zentralen Sammelplatz für alle angereisten Schalker zu suchen. Wir fanden ihn schließlich am „Placa Reial“ in der Nähe der Ramblas, ließen uns am Brunnen nieder [Gruppenbild: v.l. Oliver, Georg, Michael, Henrietta am Brunnen] und suchten das Gespräch mit anderen Fans. Ein paar Mal hallten auch Schalker Gesänge über den Platz aber insgesamt war die Stimmung – vergleiche ich es mit anderen Auswärtstouren – doch eher recht mau. Ich war ehrlich gesagt sogar ein bisschen enttäuscht.

Lustig wurde es allerdings, als mich jemand ansprach, ob ich „der vom Foto aus Eindhoven“ sei. Ohne lange zu überlegen wusste ich, welches Foto gemeint war, nämlich dieses hier. Und bevor Gerüchte aufkommen: Nein, ich bin das nicht! Uli, so der Name des Fragenden, war seine Vermutung dann auch sichtlich peinlich, ganz besonders als wir feststellten, dass wir uns zumindest via Internetforen schon längere Zeit kennen. Ich habe es ihm aber nicht übel genommen und mich stattdessen mit ihm ein wenig über Schalke und Auswärtstouren im Allgemeinen unterhalten. Natürlich musste auch unser Fanclub-Banner wieder herhalten. Wir breiteten es auf dem Boden, direkt neben dem Banner von Ulis Fanclub „Schalker Jongens Düsseldorf“ aus.

Der Nachmittag verging wie im Flug, es wurde dunkel und so galt es, den beschwerlichen Weg auf den Montjuic in Angriff zu nehmen, auf dem sich das Olympiastadion befindet. Noch schnell einen Döner eingeworfen und dann ging es auch schon steil bergan. Nach etwa einer dreiviertel Stunde hatten wir unser Ziel erreicht. Die Spannung stieg. Vor dem Stadion noch einen Schal als Andenken gekauft und dann nichts wie ab zu den Einlasskontrollen, die wie bei Auswärtsspielen üblich sehr penibel ausfielen.

Das Olympiastadion von Barcelona ist im Prinzip eine wirklich schöne Sportstätte. Leider ist es aber kein Fußballstadion. Wenn man im Oberrang steht, wirken die Spieler auf dem viel zu weit entfernten Rasen wie Ameisen. Hinzu kam der spärliche Besuch. Neben gut und gerne 4.000 Schalkern wollten gerade noch einmal knapp 16.000 Fans von Espanyol das Spiel live verfolgen. Ich war mir zwar durchaus bewusst, dass der RCD Espanyol der „kleine Verein“ aus Barcelona ist, dass Espanyol aber derart unbeliebt ist, hätte ich nie im Leben gedacht. Dagegen können selbst die Stuttgarter Kickers mit einer echten Fan-Front gegenüber dem VfB prahlen.

Zum Spiel selbst gibt es eigentlich nicht viel zu schreiben. Die erste Halbzeit war unterirdisch schlecht. Erst nach gut 20 Minuten begann zumindest Schalke damit, Fußball zu spielen. Wäre da nicht die stetige Gefahr gewesen, dass bereits ein Tor von Espanyol das Ausscheiden bedeutet hätte, ich schätze die Hälfte aller Schalker wäre eingeschlafen. Leider gab es zu Beginn des Spiels auch so etwas ähnliches wie „Ausschreitungen“, wobei das ganze bei weitem nicht so schlimm war, wie es vielleicht im Fersehen gewirkt hat.

Ein paar als Schalker getarnte Idioten im Unterrang versuchten nach etwa fünf Minuten, über eine riesige Coca-Cola-Blockfahne hinweg in einen sehr spärlich gefüllten Espanyol-Block vorzudringen [kleines Foto]. Der Versuch wurde umgehend von der spanischen Polizei vereitelt. Die Blockfahne zerriss, ein paar Hohlköpfe bekamen Gummiknüppel zu spüren und nach zwei Minuten war alles wieder vorbei. Eine wirklich überflüssige Aktion und ich hoffe, dass die Sicherheitskräfte schön fest zugeschlagen haben. Ein paar Schläge auf den Hinterkopf sollen ja angeblich das Denkvermögen steigern.

Nach dem Wiederanpfiff, Schalke spielte jetzt aus unsere Seite, wurde das Spiel zumindest aus unserer Sicht schlagartig besser. Man merkte, dass es in der Kabine eine Standpauke gegeben haben muss und auf einmal lief das Bällchen durch die Schalker Reihen. Folgerichtig das frühe 1:0 durch Kevin Kuranyi, dann ein wenig den Gegner locken und schließlich durch das 2:0 von Ebbe Sand den Sack endgültig zumachen. Als kurz darauf auch noch Lincoln zum 3:0 erhöhte und Larssen das 4:0 auf dem Fuß hatte aber leichtfertig vergab, wurde ein echter Klassenunterschied deutlich. Espanyol hatte Schalke letztendlich nichts entgegen zu setzen und schied völlig verdient nach schwachem Spiel aus.

Der Rest des Abends ist schnell erzählt. Wir packten unser Banner ein, warteten noch eine dreiviertel Stunde bis man uns aus dem Stadion ließ und marschierten wieder Richtung Innenstadt. Auf dem Weg zurück zum Hotel – mittlerweile war es weit nach Mitternacht – beglückwünschten uns gleich mehrerer Einheimische zum Sieg. Wie gesagt: Espanyol ist alles andere als beliebt in Barcelona. Als wir gegen 1 Uhr nachts am Hotel ankamen war an große Siegesfeiern nicht mehr zu denken. Kaputt und zufrieden landeten wir in unseren Betten. Der Schalke-Teil unserer Reise war offiziell und erfolgreich beendet. Ab nun sollte es nur noch um die wunderschöne Stadt Barcelona gehen.

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