Gibt es eigentlich etwas Neues in Sachen Rafinha?

31. Jul. 2008 | 4 Kommentare

Rafinha - Quelle: schalkefan.deNach der Verletzung von Mladen Krstajic und den Abwehrschwächen, die sich nun bereits durch die gesamte Vorbereitung ziehen, droht die Olympia-Flucht von Rafinha mehr zu werden als nur ein ärgerlicher, sechswöchiger Lausbubenstreich. Dementsprechend sauer ist man in der Schalker Chefetage über die Situation, vermeidet es allerdings in letzter Zeit auffällig, Rafinha persönlich anzugehen. Stattdessen wird öffentlich das Mitleid mit dem Spieler zur Schau gestellt, der sich vom brasilianischen Fußballverband CBF habe schlecht beraten und verführen lassen. Eine ordentliche Hasskappe schiebt man allerdings in Richtung des schrulligen Sepps aus der Schweiz, seines Zeichens Chef des wohl unumstritten zweitkorruptesten Sportverbandes der Welt.

Seit gestern steht jedoch nicht nur der Appell des mächtigen Eidgenossen, der den Fußball ein wenig im Herzen, etwas mehr auf den Hüften und vor allem in der Brieftasche hat, im Raum. Auch eine „Einzelrichterentscheidung„des FIFA-Sportgerichts bestätigte den FIFA-Boss in seiner Auffassung, dass Spieler freigestellt werden müssen, weil das irgendwie doch schon immer so war. Das erstaunlichste an dem „Urteilspruch“ ist, dass er von Slim Aloulou aus Tunesien gefällt wurde. Tunesien ist immerhin ein Land, von dem man weiß, wo es liegt. Das ist ein herausragender Umstand, wo man doch sonst leicht den Eindruck gewinnen könnte, sämtliche wichtigen Positionen bei der FIFA seien mit willfährigen „Entscheidungshilfen-Geldempfängern“ aus Amerikanisch-Samoa, Burkina Faso, den Osterinseln, Mittelerde oder wahlweise auch Takka-Tukka-Land besetzt.

Aber darauf will ich jetzt gar nicht hinaus. Ich möchte lediglich öffentlich meine Zweifel bekunden, ob der weitere Klageweg vor dem Internationalen Sportgericht CAS sich überhaupt noch lohnt. Zum einen hat das CAS gestern die Schalker Klage damit abgewiesen, „ein Proficlub könne sich nicht auf die olympische Charta berufen“. (Was im Umkehrschluss zu der Frage verführt, ob sich beispielsweise der ausgewiesene Nicht-Amateur Dirk Nowitzki dann ebenfalls nicht an die olympische Charta halten muss und sich – so er es denn möchte – an Sportstätten zu politischen Themen äußern darf.) Zum anderen ist es mittlerweile ein recht sinnloses Unterfangen, wenn Schalke es durch die Hintertür einer offiziellen Berufungsverhandlung doch noch vor den CAS-Richtertisch schafft. Denn die Olympischen Spiele beginnen bereits in knapp einer Woche, die CAS-Berufungsentscheidung wird höchstens ein paar Stunden vor dem Anpfiff des olympischen Fußballturniers fallen. Rafinha hingegen hat die Vorbereitung größtenteils verpasst und schwänzte das Trainingslager, in der der neue Trainer Fred Rutten die taktischen Grundsteine für die neue Spielzeit legte. Selbst wenn Rafinha also am Morgen des 8. August am Flughafen Düsseldorf aufschlagen sollte, wäre es nicht unbedingt ratsam, ihn blind in die Startelf zu stellen.

Letztendlich hat sich die ganze Kiste somit zu einem toten Rennen entwickelt. Selbst wenn Schalke Recht bekommen sollte dürfte der Schaden, den das Unrecht zuvor angerichtet hat, nicht ohne weiteres reparabel sein.

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4 Kommentare zu “Gibt es eigentlich etwas Neues in Sachen Rafinha?”

  1. Marcelam 1. August 2008 um 09:26 1

    …wer ist eigentlich der korrupteste Sportverband der Welt?

    Und wir merken uns – Recht haben ist ungleich Recht bekommen.

  2. verschwenderam 1. August 2008 um 10:30 2

    Wir merken uns, keine brasilianischen Talente verpflichten, die im Jahr der olympischen Spiele 23 Jahre oder jünger sind und Hoffnungen auf einen Platz in der Selecao haben. Ist ja kein Ding so etwas ins Scouting System einzubauen;)

  3. Matthiasam 1. August 2008 um 10:50 3

    Und vor allem merken wir uns: Ein einigermaßen guter Spieler sitzt gegenüber seinem Verein immer am längeren Hebel. Der Verein bezahlt gutes Geld, organisiert sein komplettes Lebensumfeld, karrt ihm bei Bedarf noch die halbe Familie hinterher, verschafft ihm Ruhm und Anerkennung, schützt ihn vor öffentlicher Kritik – aber wenn der Spieler nicht mehr will, kann sich der Verein auf den Kopf stellen. Es gibt immer noch ein paar andere Vereine, die den Spieler dennoch mit Kusshand nehmen. Rafinha traf mit seiner Aussage „Wenn sie mich verkaufen, wird es ihnen sehr leid tun!“ den Nagel auf den Kopf. Schaden erleidet letztendlich nur der Verein. Dem Spieler ist es doch senfegal, was passiert. So gesehen fand ich die Forderung von Felix Magath Mitte dieser Woche sehr sinnvoll: Die FIFA sollte sich mal – ganz generell – darüber Gedanken machen, ob man Spieler, die einen Vertragsbruch begehen, nicht pauschal für 2 Jahre komplett sperrt. Denn erst dann wäre das Gleichgewicht der Interessen und Kräfte wieder hergestellt.

    Allerdings meine ich nach wie vor, dass sich auch Andreas Müller in der ganzen Affäre nicht mit Ruhm bekleckert hat. Nein, er ist nicht „der Schuldige“ – absolut nicht. Aber es war doch immerhin absehrbar, in welche Richtung sich die Thematik entwickelt und Müller hat es ein ganzes Stückweit überhaupt erst dazu kommen lassen. Dass Rafinha zu Olympia wollte stand schon länger fest. Dass der CBF Rafinha nominieren würde ebenfalls. Und dass man vom dicken Sepp nicht erwarten konnte, dass er sich einmal in seinem Leben um Belange von Fußballvereinen und -Verbänden kümmert, die nicht aus Swaziland, Mikronesien oder der äußeren Mongolei kommen, hätte ihm jeder Fußballfan bereits vor sechs Jahren sagen können. Schließlich besitzt Deutschland innerhalb der FIFA genau dasselbe Stimmrecht wie irgendwelche Kleinststaaten, in denen erst seit zehn Jahren organisiert vor die Pille getreten wird. Nur dass die Kleinststaaten bei der Vergabe ihrer Stimmen eben etwas unkritischer sind, wenn der große König es denn so will.

    Kurzum: Anstatt aus der Rafinha-Kiste einen Imagegewinn zu zaubern („Schaut her, der FC Schalke 04 ist bei Olympia dabei!“) gibt es jetzt zwar die große Solidaritätsbekundung von Seiten anderer Vereine, der DFL etc., für die man sich jedoch rein gar nichts kaufen kann. In spätestens vier Wochen spricht dann keiner mehr davon, wie mannhaft die Schalker um ihr Recht gekämpft haben, sondern nur noch davon, wie dämlich die Jungs aus Gelsenkirchen mal wieder waren, als sie das Tischtuch mit einem ihrer wertvollsten Spieler zerschnitten haben.

    Und das alles war – wie gesagt – absolut vorhersehbar! Das ist es, was mich am meisten ärgert.

  4. verschwenderam 1. August 2008 um 11:23 4

    Ich habe meine Meinung zum Thema schon kund getan. Müller hat sich aber bestimmt nicht dämlicher verhalten als Klaus Allofs. Nur redet darüber natürlich niemand weil eh alles super ist was Klaus Allofs macht. Bremen hat sich keinen Deut anders verhalten als Schalke, auch wenn nicht großartig darüber berichtet wurde. Und genau da liegt der Hund begraben. Müllers Schwäche liegt vor allem im Umgang mit dem Boulevard, der natürlich aus jedem Furz einen Aufmacher nebst Streaming Video macht. In Gelsenkirchen ist das Ressort Public Relations (welch ein schönes Wort des 80er Jahre Marketing) ganz mies besetzt oder gar nicht besetzt. Die Fehler, die hinsichtlich der Öffentlichkeitsarbeit gemacht werden sind unfaßbar. Aber das ist ja schon Tradition in unserem Verein. Welche Manager Ägide war davon nicht betroffen? Wenn ich an Assauer denke wird mir nicht gerade wohler ums Herz. Robbie Williams war plötzlich doof nachdem er zur Eröffnung der Arena abgesagt hat, Böhme, Rolf Rangnick, Focus, Beckmann etc.. Aber Assauer hatte es leichter mit dem Boulevard und damit auch mit der Presse allgemein. Müller hat es da sichtlich schwerer. Nun ist es so wie es ist. Rafinha wird seitens des Vereines keine Sanktionen zu befürchten haben. Leider, für mich immer noch ein Unding. Aber da ergeht es Schalke nicht anders als dem FC Barcelona, der auch zähneknirschend Messi ziehen lassen muß und dies bestimmt nicht freiwillig macht. Von daher herrscht Gleichheit, da helfen auch keine Millionen aus TV Geldern;)