In jedem steckt ein kleiner Merkel

06. Aug. 2009 | 5 Kommentare

Alle Jahre wieder die spannende Frage: Was wird uns die Bundesliga-Saison bringen? Man muss kein Hellseher sein um zu sagen, dass es 306 Spiele mit zu erwartenden 860 Toren plus Minus ein paar Dutzend sein werden. Für Schalke geht es in diesem Jahr eigentlich um Nichts. Die Erwartungen sind so niedrig wie noch nie in den letzten zehn Jahren und auch der letzte Optimist müsste mittlerweile eingesehen haben, dass man nicht mehr als ein Übergangsjahr erwarten darf. Aber die Liga ja besteht nicht nur aus Schalke, und deshalb mache ich das, was in Tagen wie diesen sehr beliebt ist: Ich blicke voraus auf die Geschicke und Schicksale der anderen Vereine. Wäre doch gelacht, wenn ich dabei nicht vielleicht doch den einen oder anderen Zufallstreffer landen würde.

Meister wird natürlich der FC Bayern München. Wie könnte es denn auch anders sein? Aber der Meistertitel interessiert sowieso niemanden in München und Umgebung. In der Champions-League scheitern sie spätestens im Achtelfinale und auch im DFB-Pokal werden sie es kaum ins Halbfinale schaffen, weil die Mannschaft lediglich kontinuierlichen Beamtenfußball spielen, sich aber nicht für Spitzenereignisse motivieren kann. Der holländische Scherzkeks auf der Bayern-Bank schafft es spätestens zur Winterpause, sämtliche Journalisten gegen sich aufzubringen und wird zum Saisonende mit der Schale in der Hand von einem Mann mit hochrotem Kopf wegkomplimentiert. Das alles ist so vorhersehbar, dass die einzige spannende Frage bei den Bayern in diesem Jahr lauten wird: Welche Sau treibt Kalle Rummenigge diesmal durch das Dorf? Ich glaube, zur Piraten-Problematik vor Somalia hat er sich noch nicht geäußert. Oder doch? Muss ich gleich mal googeln…

Unterschätzt mir den VfB Stuttgart nicht! Horst Held hat nach kurzfristigen Liebeleien mit Schalke nun endlich das bei den Schwaben erhalten, was er seit drei Jahren wollte: Geld und Macht. Beides weiß er sinnvoll einzusetzen und bastelt sich derzeit eine Mannschaft, die viel mehr Substanz hat, als allen Konkurrenten lieb sein kann. Viel wird bei Stuttgart davon abhängen, ob man den Start in die Saison mit einem Einzug in die CL-Gruppenphase krönen kann. Gelingt dies, könnten der VfB direkt wieder auf einer Welle der Euphorie reiten, die ihn bereits im letzten Jahr sehr weit getragen hat. Mein Tipp: Stuttgart landet ganz weit vorne, erringt sogar die Herbstmeisterschaft. Was meinste, was das den Sammer ärgern wird…

Habe ich dem VfL Wolfsburg eigentlich schon zur Meisterschaft gratuliert? Falls nicht, dann mache ich es hier und jetzt. Ich war im letzten Jahr in Wolfsburg und sah sie gegen Schalke zaubern. Obwohl das Spiel “nur” mit 4:3 für die Gastgeber endete, war ein echter Klassenunterschied zu sehen. OK, mag mancher jetzt sagen, eine Klasse besser als Schalke bedeutet nicht viel. Aber die gesamte Spielanlage des VfL ist derart “reif”, dass sie nicht durch einen Trainerweggang urplötzlich zerstört werden kann. Wenn Armin Veh nicht alles falsch macht, landet Wolfsburg auf jeden Fall wieder unter den ersten fünf. Wahrscheinlich reicht es sogar für den Kampf um die Champions-League-Qualifikation. Um jedoch zumindest etwas Wasser in den grünen Wein zu schütten, möchte ich bereits heute prophezeien, was in 12 Monaten in Wolfsburg los sein wird: Katzenjammer. Dzeko und Grafite werden ein Jahr lang mit so ziemlich jedem Spitzenclub in Europa flirten, letztendlich in die langweiligste Liga der Welt nach Italien wechseln, und neben einem (großen) Sack voll Geld lediglich ein vergiftetes Betriebsklima zurücklassen. Deshalb, liebe Wolfsburger, freut euch, so lange ihr euch noch freuen könnt.

Der Hamburger SV hat mal wieder einen Vorbereitungs-Pokal gewonnen. Ui! Wenigstens etwas, was in der Vitrine glänzen kann. Bruno Labbadia hat bereits in Leverkusen bewiesen, dass er selbst eine extrem pflegeleichte Mannschaft nicht über ein Jahr bei der Stange halten kann. Wie er auch nur ansatzweise zu glauben wagt, dass er sich gegen einen Kader zu dem u.a. ein notorischer Dauernörgler wie Frank Rost gehört behaupten zu können, ist mir ein Rätsel. Machen wir es kurz: Hamburg stand bereits im letzten Jahr besser da als sie tatsächlich waren. Diesmal reicht es nicht für einen Platz unter den ersten Fünf.

Ha Ho He – Hertha BSC! Im nächsten Jahr kehrt in der Hauptstadt wieder die Normalität ein: Hertha spielt vor 30.000 Zuschauern bei Nieselregen im fußballuntauglichsten Stadion Deutschlands erfolglosen Schlafwagenfußball. Zwar hat man es nun endlich geschafft Dieter Hoeneß wegzumobben, hat dabei aber den Blick auf den Kader vergessen. Und Schwupps steht ein Team plötzlich ohne Sturm da – wie ich am vergangenen Samstag beim Pokalspiel in Münster erleben konnte. Eigentlich schade, denn das Projekt “Generalentrümpelung”, das Hertha vor zweieinhalb Jahren startete, war mutig und erstaunlich erfolgreich. Nur an den nächsten Schritt haben sie in der Hauptstadt nicht gedacht. Ergo wird’s diesmal nichts werden mit einem Spitzenplatz. Ich sehe Hertha irgendwo um den siebten Platz herumkrebsen.

In Bremen freut man sich nach wie vor über das erfolgreiche letzte Jahr. UEFA-Cup-Finale und DFB-Pokal-Sieg sind natürlich auch Hausnummern, die man sich stolz ans Revers heften kann. Selbst die kurzfristig aufgekommene Diskussion um den Ewigkeitsanspruch eines Thomas Schaaf wurde ratzfatz angesichts dieser überschäumenden Gloria wieder eingestampft. Ich frage mich allerdings, ob dem SV Werder eigentlich aufgefallen ist, dass sie in der Liga noch weniger als der FC Schalke auf die Kette bekommen haben? “Mit ohne Diego” wird es jetzt jedenfalls nicht leichter. Aber man hat ja immer noch Özil. Viel Spaß bei der Erlangung der Erkenntnis, dass Mesut noch lange nicht so großartig ist, wie manche glauben machen wollen. Meine Prognose: Werders wunderbares Offensivspiel war schon in der vergangenen Spielzeit passee. Und die Abwehr … Schwamm drüber! Bremen kämpft mit viel Glück um einen Platz in der Europaliga. Wahrscheinlich beerben sie allerdings Schalke und landen auf dem achten Rang. Dann aber bereits ohne Thomas Schaaf.

Das Kürzel BVB steht nicht nur für die immens wichtige Bestattungs-Vorsorge-Beratung, sondern auch für einen weitaus unwichtigeren Fußballclub aus Dortmund. So – das muss aber als Stichelei reichen, denn in der Tat muss ich den Borussen gute Arbeit und eine Mannschaft mit einem guten Charakter attestieren. Im letzten Jahr lief noch sehr vieles über den Kloppo-Hype, in diesem Jahr muss spielerisch etwas mehr Butter bei die Fische. Sollte dies gelingen, wird der BVB sich seinen europäischen Traum eventuell sogar erfüllen können. Ich persönlich hätte da kein Problem mit. Sollte es aber anders kommen, allerdings noch viel weniger. Prognose: Zwischen Platz 3 und 10 ist bei dieser Wundertüte alles drin.

Ich mag Hoffenheim nicht. Das hat weniger etwas mit fehlender Tradition oder mit der Person des Dietmar Hopp zu tun. Ich mag sie einfach nicht. Vielleicht liegt es ja an dieser scheinheiligen, besserwisserischen Art, mit der die TSG in der letzten Hinrunde aufgetreten ist und für die sie in der Rückrunde prompt abgewatscht wurde. Ich wünsche mir, dass man sich demnächst mal kritisch zu Hoffenheim äußern kann, ohne direkt den Chefjustiziar des DFB auf der Matte stehen zu haben. Zum Sportlichen: Hoffenheim ist ein ganz normaler Bundesligist und zudem auch noch im “verflixten zweiten Jahr”. Den Totalabsturz werden sie vermeiden, dafür ist der Kader zu stark besetzt. Den Hurra-Stil der letzten Hinrunde werden sie aber auch nicht mehr erreichen. Es wird auf einen Platz im gesicherten Mittelfeld hinauslaufen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Leverkusen holt Jupp Heynckes – das war für mich die Meldung des Sommers! Jetzt mal ehrlich, Bayer-Bosse: Für welche hauseigenen Mittelchen habt ihr euch denn da als Probanden zur Verfügung gestellt? Man darf nicht immer nur das glauben, was der Mann mit dem roten Kopf in München sagt. Ab und an sollte man auch mal in Gladbach, auf Schalke und vielleicht sogar in Frankfurt nachfragen. Kurzum: Mit Heynckes erleidet Leverkusen übelsten Schiffbruch. Zum Glück erkennen die Verantwortlichen den Fehler, ziehen die Reißleine recht früh und sichern somit dem Verein noch einen Platz im gehobenen Mittelfeld.

Mit Hannover nähern wir uns einem der Pulverfässer der Liga. Eigentlich haben sie da jahrelang alles richtig gemacht, doch seit dem vergangenen Jahr ist das gute Betriebsklima dahin. Dieter Hecking gehört – auch wegen der offensichtlichen Spannungen zu den Fans – zu den Top-Kandidaten für einen frühen Rauswurf. Bei derartigen Turbulenzen wird es der ohnehin dünn besetzte Kader schwer haben, ordentliche Leistungen abzuliefern. Kurzum: In Hannover wird die Luft verdammt dünn, letztendlich werden sie sich aber irgendwie retten.

Lu Lu Lu, Lukas Podolski! Lu Lu Lu, Lukas Podolski! Lu Lu Lu, Lukas Podolski! Mehr fällt mir zum 1. FC Köln nicht ein. Viel schlimmer ist: Mehr fällt auch den Kölnern nicht ein. Der Mensch gewordene Fußballgott vom Rhein wird in der Torschützenliste ganz oben mitmischen. Nützt aber nichts, Köln steigt dennoch ab. Und Poldi? Naja, der kann dann ja immer noch zu den Bayern wechseln.

Spielt Eintracht Frankfurt eigentlich in der Bundesliga? Immer noch oder schon wieder? Ich weiß es nicht. Wenn es darum geht, der unauffälligste Verein der Liga zu sein, dann ist die Eintracht Titelfavorit Nummer 1. Nun gut, das ist allemal besser als Jahreshauptversammlungen, bei denen sich die Redner gegenseitig von der Bühne prügeln. Das Prügeln haben längst die Eintracht-Hools übernommen. Es wird nicht schade sein, wenn die sich demnächst auch mal wieder die Stadien der zweiten Liga ansehen dürfen.

Marcel Koller gilt allgemein als 1. Rauswurf-Favorit. Ich möchte für ihn mal eine Lanze brechen. Was er Jahr für Jahr aus dem VfL Bochum rausgeholt hat, ist aller Ehren wert. Klar – Bochum ist die graue Maus der Bundesliga, aber die Bochumer spielen zumindest in der Bundesliga. Und das auch 2010/2011! Denn Bochum ist und bleibt eine Wundertüte, die es auch in diesem Jahr irgendwie schaffen wird, sich über dem Strich zu halten. Und das ist gut, denn Vereine wie den VfL braucht die Liga.

Nichts neues in Mönchengladbach. Zwischen Gedanken an die gute alte Zeit und akuten Abstiegsnöten wird sich auch dieses Mal alles bei den Fohlen abspielen. Gladbachs Glück könnte dabei sein, dass man nur drei Mannschaften finden muss, die schlechter sind als man selbst. Doch selbst das wird schwer genug werden. Hans Meyer wusste schon, warum er demnächst lieber wieder mit Udo Lattek am Münchner Flughafen ein Bierchen trinkt, als sich launisch mit BILD-Journalisten herumzuschlagen.

Das Original ist wieder da! Wenn es “den etwas anderen Fußballclub” in Deutschland gibt, dann ist das nicht der FSV Mainz, auch nicht die TSG Hoffenheim sondern einzig der SC Freiburg. Robin Dutt hat sich die legitime Nachfolge von Volker Finke redlich verdient und macht im Rahmen der Freiburger Möglichkeiten einen sauguten Job. Sein Vorteil: In Freiburg wird niemand nervös, wenn es bis zur letzten Sekunde gegen den Abstieg geht. Das ist ein Vorteil, den der SC für sich zu nutzen weiß. Freiburg wird die Klasse letztlich mit Bravour halten.

Eben noch das Original, jetzt schon die (schlechte) Kopie: der FSV Mainz 05 stellt sich gerne als “besonders witziger” Verein dar, bei dem den ganzen Tag nur eitel Sonnenschein herrscht. Dass dem nicht so ist, hat man Anfang der Woche noch gesehen, als Jörn Andersen nach nur einem Pflichtspiel gehen musste. Der Klopp-Faktor ist jetzt endgültig weg, Mainz ist in der Wirklichkeit angekommen. Und diese Wirklichkeit wird bitter. Der Kader ist extrem dünn besetzt, das Verletzungspech bleibt dem Club hold, die Stürmer beweisen Treffsicherheit nur dann, wenn es darum geht, der eigenen Ollen mal gehörig die Fresse zu polieren. Kurzum: Am Ende der Saison wird Mainz wieder den Fahrstuhl in Richtung Liga Zwei besteigen. Allerdings nicht, ohne vorher noch mindestens einmal den Trainer ausgetauscht zu haben.

Und dann hätten wir da natürlich noch die Clubberer. Den “Betriebsunfall Abstieg nach Pokalsieg” hat man beim 1. FC Nürnberg wieder korrigieren können, obwohl es ganz lange gar nicht danach aussah. Dass die Mannschaft sich allerdings ganz offensichtlich genau zum richtigen Zeitpunkt aufraffen kann, mussten nicht nur die Cottbuser in der Relegation schmerzlich erfahren. Viel wird in Nürnberg darauf ankommen, wie Marek Mintal in die Saison findet, denn er kann nach wie vor den entscheidenden Unterschied ausmachen. Wenn aber nicht alles total schief läuft, dürfte der FCN zumindest in diesem Jahr mit dem Abstieg nicht viel zu tun haben.

Abgelegt unter Fußball allgemein

5 Kommentare zu “In jedem steckt ein kleiner Merkel”

  1. Dietmaram 6. August 2009 um 12:14 1

    So, nun ist es bald soweit. Unsere Mannschaft startet übermorgen in die neue BL-Saison. Ich wage es nicht eine Vorschau auf die kommenden 9 Monate zu machen. Wir alle gehen schwanger mit Schalke 04 und diesem Team, und wissen nicht, ob es ein Junge oder Mädchen wird. Aber wie heißt es so schön: Hauptsache gesund!
    Und zumindest haben wir den besten Geburtshelfer des Landes.

  2. wilboram 6. August 2009 um 13:08 2

    @Dietmar: Was meinst Du wie lange ich gebraucht habe um diesen Kommentar heute morgen (vor dem ersten Kaffee) im Königsblog zu verfassen. Finde es klasse, dass Du ihn so toll fandest, dass Du ihn gleich weiter verwendest.
    Bin ja gespannt, wann er das ersta mal in den Printmedien auftaucht. Helft mir doch bei der Suche 😉

  3. das Karlchenam 6. August 2009 um 14:09 3

    Warten wir mal ab. Bei Schalke ist das mit der schwangeren Gefühlen immer so eine Sache. Aber wir sind dann mal guten Mutes und hoffen das Beste. Auf jeden Fall darf man sich ja wieder auf gute Zeiten freuen. Endlich wieder ein Wochenende mit netten Leuten.
    Ich hoffe ja mal stark das wir unser Vereinslied auch noch zu hören bekommen… und endlich über den Sport reden und nicht über solche Dinge…

  4. Jochenam 7. August 2009 um 10:33 4

    Bravo Matthias, besser und auch unterhaltsamer kann man die Lage kaum analysieren. Wenn ich mal Sympathien und Antipathien unterdrücke, denke ich, dass Hoffenheim, Stuttgart, Bayern und Wolfsburg (nicht unbedingt in dieser Reihenfolge) die ersten vier Plätze unter sich ausmachen werden. Mit etwas Glück landen wir dahinter.

  5. Dietmaram 7. August 2009 um 18:11 5

    @wilbor: Stimmt, ich fand Deine Metapher sehr zutreffend, und habe sie (in leichter Abwandlung) benutzt. Solltest Du Urheberrechte gelten machen wollen, bin ich gerne bereit, ein Freibier als Lizens zu berappen … ;_)