Meine kleine Geschichte zu Asa und Brassa

01. Jun. 2010 | 6 Kommentare

Gerald Asamoah - Quelle: schalkefan.deEs geschah beim ersten Training im Vorfeld der Saison 1999/2000. Damals besuchte ich ab und zu noch die Ãœbungseinheiten auf dem Berger Feld, mittlerweile fehlt mir dazu die Zeit. Es war Gerald Asamoahs erster Auftritt auf Schalke. Der Neuzugang von Hannover 96 war unter großem Mediengetöse in den Pott gewechselt. Ob es zu verantworten sei, einen Spieler mit einem schweren Herzfehler Leistungssport ausüben zu lassen, war die Frage der Stunde. Erstmals las man in der Sportpresse von „Defibrillatoren“, denn genau ein solcher „Herz-Schock-Geber“ musste fortan bei jedem Schalker Spiel an der Trainerbank bereitstehen. Benötigt hat „Asa“ das medizinische Gerät nie und nach nunmehr elf Jahren Leistungssport auf Schalke darf man sich getrost die Frage stellen, ob damals nicht alles doch etwas höher gehangen wurde, als es eigentlich notwendig war. Aber Vorsicht ist nun einmal die Mutter der Porzellankiste und ein paar Jahre später rettete genau jener Defibrillator, der eigentlich für Gerald Asamoah angeschafft worden war, dem damaligen Schalker Konditionstrainer Christos Papadopoulos das Leben, nachdem dieser während einer Ãœbungseinheit einen Herzinfarkt erlitt. Sachen gibt’s.

Vor ziemlich genau elf Jahren saß ich also auf der Terrasse des gerade neu eröffneten „Kuzorra“ und beäugte die Nachmittagseinheit bei einer kühlen Cola, als sich plötzlich ein mir völlig unbekannter dunkelhäutiger Mann zu mir gesellte. „Ju see Asamoah? It’s my brassa! I am brassa of Asamoah! You love him!“ radebrechte er mir auf englisch entgegen und nahm an meinem Tisch Platz. Im Verlauf des weiteren Gespräches wurde aus „Brassa“ mal „Frent“, „Cussin“ oder auch „Buddy“, sodass für mich schnell feststand, dass ich es wohl bestenfalls mit einem Bekannten aus dem erweiterten Asamoah-Dunstkreis zu tun hatte. Doch selbst daran hatte ich meine Zweifel, denn in einem nicht enden wollenden Redeschwall wurden mir ständig neue Sensationsneuigkeiten von „Brassa Asa“ verkauft. „Wat’n Quatschkopf“, dachte ich, machte mich aber dennoch nicht aus dem Staub, weil der Typ irgendwie auch drollig war.

Das Training war lange beendet und auch die wenigen Trainingsgäste, die sich die Nachmittagseinheit noch angeschaut hatten, waren längst verschwunden. Also wollte auch ich mich auf den Weg machen und versuchte den mir gegenüber sitzenden verbalen Wasserfall mit einem „I have to go home“ zu stoppen. Doch da wurde es schlagartig dunkel auf der Sonnenterasse und als ich meinen Kopf drehte stand Gerald Asamoah vor mir, der seinen „Brassa“ herzlich begrüßte und Platz nahm. Ich würde jetzt gerne behaupten, dass wir drei da noch stundenlang gefachsimpelt haben, doch „Asa und Brassa“ mussten sehr zügig weiter. Zum Abschied, der gefühlte siebeneinhalb Sekunden nach der Begrüßung stattfand, bedankte sich Asamoah bei mir, dass ich seinen Kumpel den Nachmittag lang beschäftigt hatte, und deutete mir, dass die Getränke unseres Tisches bereits von ihm bezahlt worden seien. Dann war er wieder weg, genau so schnell, wie er gekommen war, um die Sonne zu verdunkeln.

Das war also meine erste Begegnung mit Gerald Asamoah. In den zurückliegenden Jahren wurde er zu dem Spieler, der wie kein anderer das „ehrliche Schalke“ verkörperte. Asamoah ist authentisch mit allem, was er tut. Sei es, ob er sich vor wichtigen Spielen auf dem Klo einschließt, um wenigstens ein paar Sekunden lang in sich gehen zu können, oder mit 170 km/h durch eine Tempo-80-Zone rast, weil seine Frau gerade in den Wehen liegt. Dass er als Schirmherr einer Stiftung für herzkranke Kinder fungiert und dabei auch engagiert, nimmt man ihm einfach so ab – ohne jeglichen Hintergedanken, der ja leider sehr oft dabei ist, wenn Sportler plötzlich den Gutmenschen in sich entdecken.

Im letzten Jahr war für Gerald Asamoah kein Platz mehr auf dem Schalker Spielfeld. Das tat mir leid, auch wenn ich die sportlichen Beweggründe des Trainagers verstehen konnte. Heute wurde sein Wechsel zum FC St. Pauli bekannt gegeben. Für zwei Jahre und mit einer vertraglich fixierten Rückkehroption ins Schalker „Management“, wobei dieser Begriff wie üblich extrem weit gefasst ist. Für mich ist es eine ideale Lösung. St. Pauli passt zu Asa wie Arsch auf Eimer – und umgekehrt! Ich wünsche ihm von ganzem Herzen zwei supergeniale Jahre, viel Spaß am Fußball und viele Tore, meinetwegen sogar gegen den legendären S04. Und ich freue mich darauf, dass eine Lösung gefunden wurde, die einerseits den Schalker Etat entlastet und andererseits dem Verein eine dringend benötigte Identifikationsfigur wie Gerald Asamoah erhält.

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6 Kommentare zu “Meine kleine Geschichte zu Asa und Brassa”

  1. Jochenam 1. Juni 2010 um 13:12 1

    Kompliment, Matthias. Schöner und treffender kann man unseren Asa nicht beschreiben!

  2. Marcel04am 1. Juni 2010 um 13:37 2

    Dem ist nicht viel hinzu zu fügen, er ist und bleibt eine Identifikationsfigur für den S 04.
    Könnte mir gut vorstellen, dass er beim Spiel Schalke gegen Pauli von den Schalkern mit einem herzlichen Applaus empfangen wird.

  3. Supercliveam 1. Juni 2010 um 14:30 3

    Wunderbarer Artikel, vielen Dank dafür. Der gilt natürlich auch Asa, der so viele Jahre lang „mein“ Schalke verkörpert hat. Er stand für Leidenschaft und Ehrlichkeit. Obwohl er in der letzten Saison nur selten gespielt hat, hat er sich als Profi vorbildlich verhalten und war für die Mannschaft irgendwie wichtig (den Eindruck hatte ich wenigstens häufig nach Spielende, wenn er mit den Anderen auf der Ehrenrunde in der Arena war).
    Mein Sohn wird im nächsten Monat 13 (ist selbstverständlich schon seid vielen Jahr Vereinsmitglied ;-)) und seit seiner Zeit im Kindergarten trug er schon auf allen seinen Trikots die Nr. 14, sowohl auf dem einzigen DFB Trikot als auch auf den vielen königsblauen Leibchen. Irgendwie konnte es wohl kein Zufall sein, dass er damals mit vier Jahren sich zielsicher Asa als seinen Lieblingsspieler auserkoren hat.
    Ich freue mich drauf, wenn Asa zurück kommt in die Arena, auch wenn er beim nächsten Mal kein königsblaues Trikot an hat, und wünsche Ihm das er gesund bleibt und noch mindestens zwei tolle Jahre auf dem Kiez hat.
    Glück Auf!

  4. wilboram 1. Juni 2010 um 15:22 4

    Diese Artikel zeige ich meine Brassa!

  5. hellwacham 1. Juni 2010 um 23:03 5

    Passt wie Arsch auf Eimer: Bei uns nicht mehr? Ich muss wohl mal dringend nachdenken.

  6. Thorstenam 8. Juni 2010 um 09:05 6

    Ein ganz toller Artikel! Wenn die Schalker Fans den grundehrlichen Asa gegen St. Pauli mit Jubel empfangen, dann weiß er – trotz der vergangenen Saison – um den Rückhalt und die Freundschaft, die er genießt.