Resignation macht sich breit

31. Okt. 2010 | 6 Kommentare

Zum ersten Mal gab es Pfiffe. Nicht nur ein paar vereinzelte, sondern ein lang anhaltendes Pfeifkonzert nach dem Abpfiff. Schalke hatte mal wieder ein Heimspiel verloren. Diesmal mit 0:1 gegen Bayer Leverkusen. Die erhoffte Trendwende war ausgeblieben, die Tabellensituation wird von Woche zu Woche desaströser, die Mannschaft schien sich nach dem 0:1 aufgegeben zu haben und versuchte mit hängenden Schultern irgendwie noch einen geschlossenen Eindruck zu vermitteln. Und das Publikum pfiff. Laut vernehmbare „Magath raus!“-Rufe gab es nicht, aber es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis auch dieser Automatismus Einzug in die düstere Gemütslage der Fans hält.

Bis zum 0:1 hatte Schalke eigentlich gut gespielt. Nicht wenige sahen die ersten 45 Minuten als die spielerisch stärkste Leistung in dieser Saison an. Da hatte Schalke noch kombiniert und kontrolliert, hatte tief stehende Leverkusener ein paar Mal in Verlegenheit gebracht und zwei Mal den Torjubel auf den Lippen. Doch einmal verhinderte das Lattenkreuz ein Schalker Glücksgefühl nach einem Huntelaar-Kopfball, ein anderes Mal rettete René Adler nach einer verunglückten Flanke von Uchida, die beinahe im kurzen Eck gelandet wäre. Auch in der zweiten Halbzeit begann Schalke druckvoll, schien zunächst an die gute Leistung des ersten Durchgangs anzuknüpfen und scheiterte ein zweites Mal am Aluminium – wieder war es Huntelaar, der mit dem Kopf etwas zu genau Maß genommen hatte.

Und dann fällt aus dem Nichts das 0:1 durch Sidney Sam. Rakitic lässt den flinken Leverkusener bei einem Konter enteilen, Höwedes und Metzelder sehen sich den schnellen Vorstoß mit gebührendem Abstand an, Manuel Neuer stürzt dem Schützen vergeblich entgegen.

Danach bröckelte Schalke in sich zusammen, wie eine Sandburg im Sommergewitter. Alles, was vor dem Treffer der Gäste noch funktioniert hatte, wollte nun nicht mehr gelingen. Das gefällige Kombinationsspiel über den rechten Flügel, vorangetrieben durch Uchida und Farfán wurde eingestellt. Die Versuche, Ball und Gegner laufen zu lassen, wurden durch sinnlose Flanken aus dem Halbfeld ersetzt. Huntelaar und Raul fanden nicht mehr statt, andere – wie der erst zur Halbzeit eingewechselte Joel Matip oder auch Spielmacher Jurado -, hatten viel zu viel mit sich selbst zu tun, als dass sie irgendeinen Impuls hätten setzen können. Zum Schluss fehlte der Biss. Schlimmer noch: Es fehlte der Wille, noch einmal an die körperlichen Grenzen zu gehen. Ob 0:1 oder 1:1 – fast schien es der Mannschaft egal zu sein. Ein Punkt hätte auch nicht wirklich etwas gebracht.

Für die ersten 55 Minuten muss man die Mannschaft loben. Für den Rest muss man sich schämen. Ich habe nicht gepfiffen. Aber ich kann diejenigen, die es unter dem Eindruck einer blutleeren und hilflosen zweiten Halbzeit getan haben, verstehen.

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6 Kommentare zu “Resignation macht sich breit”

  1. charakterstärkeam 31. Oktober 2010 um 23:01 1

    spätestens jetzt sind wir im abstiegskampf angekommen. so langsam geht mir die schönrederei von fg auf den sender. anfangs ahbe ich ihm geglaubt. zwischenzeitlich glaube ich jedoch, dass er zuviel macht hatte und diese eines von sich selbst übereingenommenen herrschers ausgenutzt hat. danke der mitgliederversammlung, die diesen größenwahn gestoppt hat. ich wünsche mir natürlich h´nachwievor einen vernünftigen saisonabschluß – allein mir fehlt der glauben!!!! ´meister 2013???? – dazu müssen wir 2012 ersteinmal den direkten wiederaufstieg schaffen!

  2. Johannesam 1. November 2010 um 10:17 2

    Wie immer ist die Analyse von Matthias zutreffend. Nach – aber wirklich direkt nach – dem Führungstor durch Sam hat die Mannschaft im Grunde das Fussballspielen eingestellt.

    Die Reaktion der Fans habe ich jedoch teilweise anders beobachtet. Richtig ist, dass es Pfiffe gegeben hat, die Grundstimmung ist m.E. aber noch immer positiv.

    Was bleibt uns auch anderes übrig? Der von Magath eingeschlagene Weg ist im Grunde richtig. FM hat immer deutlich gemacht, dass er großflächig umbauen will um mittelfristig erfolgreicheren und attraktiveren Fussball spielen zu können. Jetzt gilt es diesen Weg weiter zu verfolgen.

    Dabei ist ein nervenstarkes Umfeld unabdingbar. Natürlich wünschen wir uns alle, dass es anders, besser läuft. Aber ich glaube immernoch, deutliche Anzeichen für eine mögliche Trendwende zu erkennen. Diese Mannschaft wird es in der momentanen Konstellation aus eigener Kraft schaffen, das Ding noch zu drehen. Dazu braucht sie Fans, die halt immernoch Geduld mit der Mannschaft haben. Jetzt eine völlige Abkehr vom System FM zu nehmen, ist meiner Meinung nach der größte denkbare Fehler.

  3. Criszillaam 1. November 2010 um 11:58 3

    „Und täglich grüßt das Murmeltier“ – Schalke kommt einfach in der laufenden Saison nicht vom Fleck. Woran liegts? Es mag viele Gründe geben.
    Muss ich jetzt erst BVB-Fan werden, damit Schalke wieder besser wird? Nein, das niemals! Aber schaut euch doch mal die Tabelle an: Borussia Dortmund – Schalkes Erzfeind – tummelt sich gemütlich an der Tabellenspitze rum, während Schalke 04 nicht aus den Abstiegsrängen rauskommt. Eigentlich müsste und sollte es andersrum sein! Ganz abgesehen davon, dass zur Zeit eh viele Ligen „Kopf stehen“ – im wahrsten Sinne des Wortes! Wenn Schalke nä. Saison zweitklassig spielen will sind sie auf einem guten Weg. Bloß keine Ambitionen zeigen, dass sie oben bleiben wollen! Aber ob das auch im Sinn der tausenden von Schalke-Fans ist?
    Für mich liegt der Fehler von Schalke ganz klar auf der Hand: der Weggang von Kuranyi, Westermann und Rafinha! Wie kann man 2 richtig gute Verteidiger aus einer gut eingespielten Abwehr herausnehmen und weggeben? Vorne im Sturm spielen zwar 2 neue „Hochkaräter“, aber leistungsmäßig bleiben auch sie noch hinter den Erwartungen zurück.
    Ich appelliere ans Gewissen der Schalke-Spieler! Ich könnte keine Nacht ruhig schlafen, wenn ich weiß, dass ich auf einem Abstiegsrang hocke, während der „Erzfeind“ an der Spitze hockt!
    Eindeutig: in der Abwehr muss nochmal ordentlich was getan werden, aber auch im Spiel nach vorne. Gigantische 10 Törchen hat Schalke nach 10 Spieltagen vorzuweisen. (Wieviele hat der Gegner für Schalke geschossen???)
    Ich kann nur hoffen, dass sich schnellstmöglich bei Schalke was tut und dass durch die Köpfe der Spieler ein Ruck geht! Sonst heißen die Gegner bald Augsburg, Paderborn, Düsseldorf oder Osnabrück.

  4. Christianam 1. November 2010 um 12:50 4

    Bis auf „Criszilla“ kann ich die Meinungen hier bestätigen.
    Großartige Pfeifkonzerte habe ich auch nicht vernommen, aber
    tiefer Frust war / ist überall !

    „Richtig gute Verteidiger Westermann“ ?? Hallo ?
    Es liegt in der Natur des Menschen, das man gerne vergißt und
    sich nur noch an die guten Dinge erinnern will. Er war bei uns
    eher ein Unsicherheitsfaktor und ist es wohl auch beim HSV.
    Dieses Rafinha Geschwätz mag ich auch nicht mehr hören,
    er wollte ganz klar weg und ich weine diesem verzogenen
    launischen Bengel keine Träne nach. Diese Themen sind auch
    durch, Vergangenheit.

    Die Abwehrleistung hat sich aus meiner Sicht auch stabilisiert
    und ich mag auch Rakitic keine Schuld geben: er ist nicht der
    Schnellste zu Fuß aber das wissen wir alle – bis auf Magath ?!
    Es war das Spiel der Trainer und hier war Heynckes deutlich
    cleverer wie Magath als er sah das Rakitic Verteidiger spielen
    muss.
    Mir macht die Psyche der Mannschaft Angst, oder wie viele
    schreiben: kann Schalke Abstiegskampf ?
    Nach dem Gegentor sind wir zusammengeklappt, als wenn
    jemand den Stecker gezogen hat.
    Letzte Saison haben wir 0:2 zurückgelegen und dieses Spiel
    noch gerettet. Jetzt reicht scheinbar ein Gegentor und das
    Team bricht zusammen. So eine Psyche ist für einen jetzt
    kommenden Abstiegskampf tödlich oder um die Frage oben
    zu beantworten: NEIN wir können keinen Abstiegskampf.

    Ich hoffe (sehr) das wir wenigstens noch in den Spielen
    gegen Pauli, Lautern und Köln punkten können. Mehr sehe
    ich Stand heute nicht ! Dann kommt endlich die Winterpause
    und hoffentlich kommen die Spieler mit freien Köpfen von
    Ihren Familien zurück und wir können anfangen gegen den
    Abstieg zu punkten – mehr wird das nicht mehr.

    Sollte der jetzige Ãœbungsleiter auch in der kommenden Saison
    bei uns sein, so bin ich gespannt wie er diesen teuren Haufen
    zusammenhalten will, einige sind ja schon gedanklich beim
    Kofferpacken – unser Tormann vorneweg.

    In diesem Sinne Glück auf Männer !

  5. KönigsblauMSam 1. November 2010 um 20:59 5

    Die Allmacht-Philosophie von Magath ist bis heute im strategischen und operativen Geschäft für S04 brutal ins Leere gelaufen. Leider ist so keine Perspektive zu erkennen. Vielleicht spricht der Manager mal mit dem Trainer und es wird gemeinsam nach Lösungen gesucht :). Und wir Fans? Eine zurückhaltende Verzweiflung lag nach Spielende schon spürbar in der Arenaluft.
    Munter bleiben!

  6. Supercliveam 2. November 2010 um 17:42 6

    Ich hatte ebenfalls das „Vergnügen“ am Samstag direkt vor Ort zu sein. Es war mal wieder sehr interessant, die Meinungen der anderen Fans zu hören. Vor dem Bierstand traf ich jemanden, der fest der Meinung war, dass es nur am Schiri lag, wenn wir nicht gewinnen sollten. Klar, der Unparteiische hatte bestimmt schon bessere Tage, aber für mich sind diese Erklärungen zu einfach. Gerade nach dem Gegentor hat sich unsere Mannschaft als mutlos, leblos und für mich trostlos präsentiert. Ich denke da gerne an das Spiel der letzten Saison gegen Leverkusen, wo wir 0:2 hinten lagen und nicht nur den Ausgleich erzielen konnten, wir haben auch noch so gedrängt, dass bei ein paar Minuten mehr auf der Uhr der Sieg noch drin gewesen wäre. Das war eine Mannschaft, die den Willen hatte und die die Fans mitreißen konnte – und heute…

    Eine weitere Meinung möchte ich noch zum Besten geben. Ein weiterer Blau Weißer meinte, mit Glück würden wir noch den 5. Platz erreichen. Hallooooo – blau weiße Brille hin oder her, ein knappes Drittel der Saison ist um und wir haben gerade mal 6 Punkte. Am Ende der letzten Saison hatte der 5. Platz 57 Punkte, das wären für uns unter gleichen Voraussetzungen noch 51 Punkte in den verbleibenden 24 Partien (in der letzten Saison haben wir noch gute 45 Punkten aus den letzten 24 Spielen geholt). Ähemm, reden wir nicht drumherum, wir brauchen uns keine Sorgen um den 5. Platz zu machen, sondern das wird eine ganz enge Kiste mit dem Nichtabstieg. Wir reden hier nicht mehr von einem Betriebsunfall, weil man mal ein Spiel verloren hat. Und genau wie manche Fans, glaube ich manchmal, dass Teile der Mannschaft es auch noch nicht begriffen haben, dass es hier einfach mal drum geht, die Kugel irgendwie über die Linie zu bekommen, und nicht noch den dritten Doppelpaß im 5-Meter Raum zu spielen.

    Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, aber zum internationale Geschäft im nächsten Jahr geht es meines Erachtens nur noch über einen Pokalsieg. Sollte mich die Mannschaft Lügen strafen, mir soll es recht sein. Was aber nach Abschluß der Saison passiert, da mag ich noch nicht dran denken. Selbst wenn wir nicht demnächst Montags abends spielen würden, werden wir im nächsten Jahr doch eher wieder Gavranovic und Ibrahimi als Sturmspitze sehen und nicht mehr Raul und Huntelaar.

    Heute abend ist Championsleague. Ich kann FM verstehen, dass sich seine Freude in Grenzen hält, zu groß sind die anderen Baustellen.

    Glück auf!

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