Ein Vorschlag

02. Mrz. 2012 | 5 Kommentare

Dann sitzt er plötzlich da und grinst. Volle 30 Sekunden in einem mit Menschen gefüllten aber mucksmäuschenstillen Raum, im Blickfeld dutzender Augenpaare und im Fokus mehrerer Kameras. Als Schalkes Pressesprecher Thomas Spiegel die schier nie enden wollende Stille mit „Ist das Nachdenken über Semantik jetzt beendet“ durchbricht, möchte er am liebsten mit einem Schluck Orangensaft im Mund laut losprusten. Ich schaue mir gerne die Pressekonferenzen an und habe generell meinen Spaß dabei. Aber das Zwiegespräch zwischen Schalkes Manager Horst Heldt und dem WDR-Journalisten Uwe Dietz war für mich das Highlight des bisherigen Jahres. (Hier zu sehen ab Minute 6:30).

Es ging um Raúl und die Frage, ob „Vorschlag für eine weitere Zusammenarbeit machen“ gleichbedeutend ist mit „ein Vertragsangebot unterbreiten“. Horst Heldt bejahte dies mit der Bemerkung, man habe sich bereits im Vorfeld intern darüber ausgetauscht, welcher Journalist die gewählte Formulierung wohl spitzfindig hinterfragen werde. „Doch wenn ich jetzt getippt hätte, wäre ich nicht sofort auf Sie gekommen“, sagte Heldt. Und danach – wie bereits geschrieben – grinste er.


Uwe Dietz ist kein Dummer. Im Gegenteil hat der ausgewiesene Schalke-Kenner bereits einige exzellente Reportagen über die Königsblauen abgeliefert. Als noch (fast) ganz Schalke nach der ersten Magath-Saison von dessen Ehrenrunde zum Saisonabschluss schwärmte und Clemens Tönnies sich zu der Aussage hinreißen ließ, jetzt sei Magath endlich auf Schalke angekommen, strickte Uwe Dietz für das WDR-Magazin „Sport Inside“ einen der ersten kritischen Berichte über das „System Magath“. Damit hat er sich nicht nur Freunde gemacht, doch die Zeit gab ihm unumwunden recht.

Ich kenne das Verhältnis von Horst Heldt und Uwe Dietz nicht. Aber das Bonmot des Managers – auch wenn es sich im ersten Moment wie eine Belehrung von oben herab anhört – verrät doch sehr viel über den Verlauf der Vertragsverhandlungen mit Raúl. Einem Raúl macht man eben kein lapidares Vertragsangebot mit dem Unterton: „Unterschreib‘, das oder lass es bleiben!“ Einem Spieler wie Raúl unterbreitet man einen „Vorschlag zur weiteren Zusammenarbeit“.

Uwe Dietz‘ Frage war berechtigt, aber er hätte sie nicht stellen müssen. Die von Horst Heldt gewählte Formulierung spricht für sich. „Vorschläge machen“ ist etwas anderes als in Stein gemeißelte „Vertragsangebote unterbreiten“. „Vorschläge machen“ heißt auch, auf Gegenvorschläge zu hören und reagieren können. Wer Vorschläge macht zeigt ein offenes Ohr für die Gedanken des anderen, fordert aber gleichzeitig auch ein offenes Ohr und Gegenvorschläge ein. „Vorschläge machen“ ist eine wunderbare Formulierung, wenn es um den respektvollen Umgang mit einer – selbst in der kurzen Zeit auf Schalke – verdienten Ikone wie Raúl geht. Wir werden sehen, wohin diese Vorschläge führen.

Morgen in Freiburg. Ich wünsche ein schönes Wochenende!

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5 Kommentare zu “Ein Vorschlag”

  1. Herr Wielandam 2. März 2012 um 07:33 1

    Ich hatte auch meinen Spaß, auch an anderer Stelle (war der Fragesteller nicht auch Uwe Dietz?!):

    Frage: Wie hat man sich das vorzustellen, wie ist ein solches Angebot formuliert, in Deutsch, in Englisch oder in Spanisch?

    Heldt: In Euro.

    Und dem Dank an Hans04 möchte ich mich auch nochmal anschließen. Auch heute verschönert er wieder indirekte mein Blog.

  2. Carlito69am 2. März 2012 um 20:33 2

    Da werde ich mir die letzte PK wohl doch noch einmal zu Gemüte führen, was? 😉

  3. eppinghoveneram 2. März 2012 um 20:53 3

    ach herrje…da wollt ich mal kurz nen Kommentar tippen, und das hat direkt Bloglänge….
    Naja, bekomm ich halt endlich wieder Aktivität in meinen Blog ;D
    Quintessenz: Ich finds einfach klasse wie Heldt die ganze Geschichte angeht!

  4. mberghoeferam 2. März 2012 um 20:56 4

    Ich finde, einen „Vorschlag für eine weitere Zusammenarbeit“ unterbreitet man jemandem, mit und von dem einseitig oder sogar beidseitig keinerlei emotionale Bindung angestrebt oder erwartet wird. Oder anders formuliert: Nichts außer der gegenseitig festgeschriebenen Verpflichtung zu Leistung und Gegenleistung hält die Zusammenarbeit zusammen.
    Wenn das aber so ist, dann ist da weder Emotion noch Herz noch Leidenschaft im Spiel – und dann kann ich mich für so eine Zusammenarbeit auch nicht erwärmen. Ich kann natürlich trotzdem froh sein, wenn die Zusammenarbeit erfolgreich verläuft, aber ich muss dann nicht enttäuscht sein, wenn sie endet. Denn die werdens ja auch nicht sein, die unterbreiten ihre Vorschläge zu Zusammenarbeit dann eben irgendjemand anderem, mit dem sie ggfs eben auch genauso emotionslos umgehen werden.

  5. Carlito69am 2. März 2012 um 21:05 5

    @Torsten und Matthias: Gut fand ich übrigens auch die Szene mit dem peruanischen Fass und der Antwort von Heldt, dass er nur Fässer aus deutscher Eiche kenne… *hihihi*

    …auch die Geschichte mit der „Beleuchtung“ für den Rasen sorgte ja noch einmal für Belustigung, vor allem beim Huub. Scheinen sichtlich Spaß gehabt zu haben die beiden… *hehe*