Ruhe im Karton

08. Okt. 2012 | 7 Kommentare

Nachdem Schalke in den letzten Tagen zweimal eine Führung arg fahrlässig verspielte und sich unvermittelt in einer quälenden Diskussion wiederfand, was Zuschauer dürfen und Mannschaften müssen, schoss man sich am Samstag gegen den VfL Wolfsburg den Frust von der Seele. 3:0 hieß es nach 90 sehr unterhaltsamen Minuten und wenn man überhaupt einen Ansatz für Kritik finden möchte, dann nur den, dass ein 5:0 oder 6:0 das richtigere Ergebnis gewesen wäre. Denn wie bereits in Düsseldorf und gegen Montpellier leistete man sich in der Schlussphase den Luxus, beste Tormöglichkeiten zu verschenken. Da gleichzeitig aber die Abwehr diesmal keinen Gegentreffer zuließ, fällt es leicht, sich mit einem klaren 3:0 zu „begnügen“.


Nach dem verletzungsbedingten Ausfall Julian Draxlers und dem Fehlen von Kyriakos Papadopoulos, der mit Windpocken das Bett hütet, baute Huub Stevens das Team an zwei Stellen um. Wenig überraschend rückten Ibrahim Afellay und Joel Matip in die Mannschaft. Jermaine Jones, der bereits im letzten Spiel fehlte, wurde erneut durch Marco Höger ersetzt. Da Jefferson Farfán sich einsatzbereit zurückmeldete kehrte Stevens vom 4-4-2 gegen Montpellier wieder ab, ließ Teemu Pukki auf der Bank und setzte wieder auf die gewohnte Ein-Stürmer-Konstellation mit Huntelaar in der Spitze.

Insbesondere die Rückkehr Farfáns zahlte sich schnell aus. Immer wieder bearbeitete der Peruaner zusammen mit Atsuto Uchida die rechte Außenbahn und setzte die zunächst sicher verteidigenden Gäste unter Druck. Nach einer knappen halben Stunde war es Farfán, der das 1:0 für Königsblau erzielen konnte. In einer besonders druckvollen Angriffssequenz mit gleich mehreren Schussmöglichkeiten für Schalke stahl er sich im Rücken der Wolfsburger Abwehr davon und hatte keine Mühe, Christian Fuchs‘ Flanke per Kopf zum 1:0 zu verwerten. Zwar blieben bis zum Halbzeitpfiff weitere Chancen Mangelware, aber Schalke kontrollierte dennoch das Geschehen auf dem Feld, ohne zu sehr in den defensiven Modus zu schalten.

Endgültig auf Sieg stellte Afellay die Weichen direkt nach dem Wiederanstoß. Mit einem feinen Steilpass hatte Holtby die weit aufgerückte Wolfsburger Abwehrkette übertölpelt und Afellay auf die Reise geschickt, der im 1:1 gegen VfL-Keeper Benaglio cool blieb und locker ins lange Eck zum 2:0 einschob. Danach agierte Wolfsburg etwas aggressiver und auch wütender und fing sich sehr schnell den nächsten Treffer. Knapp 10 Minuten nach dem 2:0 erhöhte Roman Neustädter auf 3:0, als er die Konfusion nach einem Eckball ausnutzte und aus kurzer Distanz den Endstand herstellte.

Danach hatte Schalke noch ein halbes Dutzend erstklassiger Chancen. Doch allein Holtby und Huntelaar vergaben im Anschluss gleich mehrfach die besten Möglichkeiten. So hatte Wolfsburg, das in der Schlussphase noch einmal zu zwei guten Möglichkeiten kam, aber in Lars Unnerstall einen Meister fand, richtiggehend Glück, dass der Nachmittag auf Schalke nicht vollends zu Debakel wurde.


Schalke überzeugte am Samstag mit Willen und Durchschlagskraft. Lewis Holtby und Ibrahim Afellay kurbelten das Spiel im Mittelfeld an und sorgten dafür, dass es nicht zu rechtslastig wurde, obwohl dort mit dem überragenden Atusto Uchida und dem genialen Jefferson Farfán am Samstag eindeutig das Schalker Herz schlug. Marco Höger und Roman Neustädter verdienten sich im defensiven Mittelfeld ein Fleißsternchen nach dem anderen, einzig Klaas-Jan Huntelaar und Christian Fuchs fielen im Vergleich mit ihren Teamkollegen ein wenig ab.

Oder – um es kurz zusammenzufassen: Schalke gab zum Abschluss des ersten Englische-Wochen-Blocks exakt die richtige Antwort und geht mit einem guten Gefühl in die anstehende Länderspielpause. Nach dem 3:0-Sieg gegen Wolfsburg herrscht endlich wieder Ruhe im Karton.

Mehr zum Spiel schreibt die „Rheinische Post“.

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7 Kommentare zu “Ruhe im Karton”

  1. Erle72am 8. Oktober 2012 um 12:39 1

    Ruhe im Karton – Ruhe im Kommentar
    Schön ruhig.
    Ãœber allen Gipfeln ist Ruh?
    Warten wir mal die nächste Woche ab.

  2. Matthiasam 8. Oktober 2012 um 13:12 2

    Warten wir mal die nächste Woche ab.

    Ich glaube nicht, dass die Niederlage gegen Irland unter uns Schalkern für Unruhe sorgen wird. 🙂

    Aber schon klar was du meinst: Am nächsten Spieltag geht’s nach Dortmund. Da ist die Niederlage eigentlich schon fest gebucht. Aber da es im Fußball immer auch eine Resthoffnung und massig Raum für Optimismus gibt, schaun‘ mer einfach mal, ob es da nicht doch vielleicht etwas zu holen gibt. Auf jeden Fall war der Sieg am Samstag insofern Gold wert, dass man jetzt etwas gelassener dem Derby entgegensehen kann. Besser gesagt: Ich kann es, da ich dem Derby längst nicht mehr die Bedeutung beimesse, die die Folklore mir vermitteln will.

  3. Markus1904am 8. Oktober 2012 um 22:18 3

    @Matthias,
    ich glaub´ich lese nicht richtig. Eine Niederlage beim BxB ist fest gebucht? Bisher kein Protest? Was ist los mit uns?
    Wir fahren nach Lüdenscheid um endlich mal wieder ein Derby zu gewinnen. Es wird Zeit. Ich erwarte Zustimmung!!!

  4. Benam 8. Oktober 2012 um 23:48 4

    Also 1904% Zustimmung. Wir sind in dieser Saison einfach flexibler geworden und es ist wesentlich schwerer sich auf Schalke einzustellen. Ich denke das ist unser großes Plus.

    Zudem haben die Torschützten gegen Wolfsb
    urg gezeigt, dass die Tore nicht nur ein Hunter machen kann.

    Wir sind zurzeit erfolgreich ein zweier Punkteschnitt ( CL Kurs), 4 Punkte in der CL und im DFB Pokal auch noch dabei. Gefühlt standen wir die letzten Woche auf Platz 15.

    Außerdem muss der Huub mal für seine Führung gelobt werden. Es hat bisher kein Ergänzungsspieler öffentlich sein Unmut geäußert, dass er nicht so oft spielt.

    Zudem hat der BxB bisher auch keine Bäume ausgerissen und nach einer Länderspielpause ist das ganze sowieso eine kleine Wundertüte.

    Dennoch verstehe ich auch Matthias, da ich auch der Meinung war, dass gegen die Bayern etwas drin war und da wurde man schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück geholt. Da hat man lieber keine große Erwartungshaltung und freut sich am Ende dafür umso mehr.

    Achja mal ein Lob für Marco Höger wirklich gute Auftritte in den letzten Spielen. Er ist eine gute Ergänzung für JJ , wenn es gilt gegen defensiv ausgerichtete Mannschaften zu bestehen, da er spielerisch etwas drauf hat.

  5. Matthiasam 9. Oktober 2012 um 00:04 5

    Markus, wenn’s nach mir ginge, gewinnen wir da mit 4:0, so wie 2001 bei meinem letzten Besuch eines Derbys in Dortmund. Damals verließ ich das Stadion mit dem festen Vorsatz: „Jetzt hast du hier alles erlebt. Schlippinhos Geniestreich, Lehmanns Kopfballtor etc. pp. Das war’s! Hier gehst du nie wieder hin. Dieser Verein sieht keinen einzigen Pfennig mehr von dir!“ Da habe ich mich bis heute dran gehalten, obwohl ich seitdem für jedes Derby in Dortmund eine Karte hätte bekommen können.

    Allein mir fehlt der Glaube daran, dass es diesmal etwas zu holen gibt. Nach dem Rückspiel in der letzten Saison, das sehr unglücklich verloren ging und in dem unsere Jungs endlich mal wieder „Derby-Geist“ zeigten, hatte ich noch die Hoffnung, dass es in diesem Jahr besser werden kann. Doch die Bayern-Niederlage hat mich diesbezüglich geerdet.

    Aber wie gesagt: Wenn’s nach mir ginge, kloppten wir dem Weidenfeller in zwei Wochen so die Hütte so voll, dass Klopp im Anschluss dem BVB-Webradio-Reporter mit einem Biss den Kopf abreißt. Kommt es allerdings anders, ginge für mich auch keine Welt unter. Vom Derby als dem „wichtigsten aller Fußballspiele“ habe ich mich schon vor sehr vielen Jahren emotional weitestgehend verabschiedet.

  6. […] In eine ähnliche Kerbe schlägt auch der Schalkefan. An einem 3:0 kann man wenig bemängeln, höchstens dass es nicht 5 oder 6:0 ausgegangen ist, wenn man die große Zahl an Chancen betrachtet. […]

  7. Markus1904am 9. Oktober 2012 um 21:58 7

    Matthias, ich bin mir sicher, daß Du durch und durch Schalke Fan bist und trotzdem oder deshalb realistisch unterwegs bist. Die wirkliche innere Ãœberzeugung für einen Sieg fehlt mir auch. Das Prinzip Hoffnung trieb mich zu meiner Aussage. Allerdings bin ich, im Gegensatz zu Dir, emotional sehr nah „am Derby“, kenne aber auch leider viele BxB Fans. Von diesen nervigen Zeitgenossen mußte ich mir viel „anhören“ in den letzten zwei Jahren.
    Wir müssen siegen!!. Verdammt, wir müssen siegen.

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