Der sportliche Offenbarungseid

17. Dez. 2012 | 4 Kommentare

Verlierst du einmal, ist es ärgerlich. Beim zweiten Mal tut es weh. Beim dritten Mal wirst du wütend. Und beim vierten Mal bekommst du Angst. Verlierst du dann erneut und merkst „Hey, es ändert sich ja gar nichts!“, dann wird es dir egal. Ärger, Schmerz, Wut und Angst – das alles hat die Mannschaft des FC Schalke 04 längst hinter sich gebracht. Mittlerweile regiert die Gleichgültigkeit. Schalke nahm auch die Niederlage gegen den SC Freiburg brav hin. Trotz Führung, trotz einer ordentlichen Anfangsphase – spätestens nach dem 1:2 war die Luft raus. Und nach dem 1:3 – diesen Eindruck hatte nicht nur ich – spielte die Mannschaft gar, als habe sie sich endlich von der Last eines drohenden Punktgewinns befreit. Schalke gegen Freiburg – das war ein sportlicher Offenbarungseid eines Profikaders, der sich seit Wochen schon nicht mehr als Team präsentiert. Es war der vorläufige Tiefpunkt einer Negativ-Entwicklung, die am Ende das Aus für Trainer Huub Stevens bedeutete.

Ich halte nichts von „Die Mannschaft spielt gegen den Trainer“-Thesen. Spielte ein Team aktiv gegen einen Trainer, sähe das Ergebnis anders aus. Dennoch muss man feststellen, dass sich die Mannschaft längst nicht mehr als Team präsentiert. Die Bereitschaft, für den anderen mitzuarbeiten, ist nicht mehr vorhanden. Jeder kämpft und spielt für sich allein. Am Samstag war dies vor allem an Jefferson Farfán zu beobachten, der als einer der aktiveren Spieler in blau und weiß nahezu jeden Angriffsversuch mit einem kleinen Veitstanz abschloss und seine Mitspieler zusammenfaltete. Dass Klaas-Jan Huntelaars spielerisches Engagement sich aktuell darauf beschränkt, theatralisch jeden Spurt zu einem nicht zu 100% sauber gespielten Ball abzubrechen und danach trotzig eine kleine Ewigkeit im Abseits stehen zu bleiben, ist leider auch kein Zeichen großer mannschaftlicher Geschlossenheit.


Hinzu kommt – ich wage es ja kaum zu schreiben – aber auch eine gehörige Portion Pech. Jede Torchance des Gegners mündet mittlerweile in einem Gegentreffer. Die beiden Freiburger Tore in der ersten Halbzeit waren das Resultat der ersten beiden Torschüsse. Und in dem Maße, wie Schalke nichts mehr gelingt, gelingen dem Gegner die größten Kuriositäten. Jan Rosenthals Volley-Treffer zum 1:1-Ausgleich war so ein Schuss, der in 19 von 20 Fällen nicht einmal ansatzweise in Richtung Tor fliegt. Diesmal traf er exakt das lange Eck und markierte den Anfang vom Ende.

Der Rest ist schnell erzählt. Zwei eklatante individuelle Fehler durch Matip und Metzelder ermöglichten Freiburg zwei weitere leichte Treffer während sich Schalke bei eigenen Angriffen den Finger in der Nase brach. Alles schon viel zu häufig gesehen und alles in allem eine Entwicklung, die eine Veränderung notwendig machte. Denn auch wenn ich nicht einverstanden mit der Art und Weise der Beurlaubung von Huub Stevens bin, komme ich nicht daran vorbei festzustellen, dass Schalke aktuell wie ein Team spielt, das dem Abstieg entgegen taumelt. Einzig die gute Punkteausbeute im ersten Saisonviertel schützt uns noch vor dem ungefilterten Blick in den Abgrund. Das kann bei allem Respekt vor dem Jahrhunderttrainer nicht der sportliche Anspruch sein.

Mehr zum Spiel schreibt die „Badische Zeitung“.

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4 Kommentare zu “Der sportliche Offenbarungseid”

  1. […] Schalkefan schafft es doch noch auf das Spiel vom Samstag Abend zu blicken, dass für ihn ein Offenbarungseid […]

  2. RWDJojoam 17. Dezember 2012 um 11:45 2

    Die Art und Weise der Entlassung finde ich auch nicht in Ordnung. So geht man nicht mit einem Angestellten, der sich grundsätzlich nichts zu Schulden hat kommen lassen, nicht um. Wenn es sich dann auch noch um einen Angestellten handelt, der große Verdienste vorzuweisen hat, ist die Vorgehensweise noch fraglicher…

    Sportlich gesehen macht der Schritt jedoch Sinn. Aus einer Schwächephase ist eine handfeste sportliche Krise geworden. Die 11 Spieler aufm Platz scheinen keine Mannschaft mehr zu sein. Es wurde Zeit, dass man handelte. Man stelle sich mal vor, Stevens wäre weiterhin Trainer. Morgen wird dann das Jahr mit einer Niederlage im Pokal abgeschlossen und weiterhin heißt der Trainer Huub Stevens. Die Winterpause würde dann unruhig ohne Ende. Eine Vertragsverlängerung von Stevens würde auf die lange Bank geschoben, was für weitere Unruhe in der Rückrunde sorgen würde, da man nach jeder Niederlage erneut fragen würde, wie lange Stevens noch bleiben darf, ob bereits feststeht, dass er zum Saisonende gehen muss, ob er unter den Voraussetzungen die Mannschaft noch erreicht.

    Auch kurzfristig ist es nicht verkehrt, die Mannschaft durch den Trainerwechsel noch mal aufzurütteln. Mit Stevens würde ich nicht an ein Weiterkommen im Pokal glauben. Jetzt sehe ich unsere Chancen wieder besser, da es an der Mannschaft liegt ein Zeichen zu setzen!

    Dennoch muss man sich fragen, ob es in der Mannschaft nicht den ein oder anderen schlechten Charakter gibt. Ein Wir-Gefühl scheint es derzeit nicht zu geben!!!

  3. Peteram 17. Dezember 2012 um 15:17 3

    @RWDJoJo: Auf welche Art und Weise entlässt man den einen Trainer so, dass es „in Ordnung“ ist? Ich finde an der Vorgehensweise nichts auszusetzen: es wurde schnell entschieden, nicht nach wochenlang erneuerten Treueschwüren und dann Ultimaten, die Entscheidung wurde persönlich besprochen und nicht per Telefon, SMS oder über die Medien vermittelt, und das Gehalt bis zum Ende der Vertragslaufzeit wird Huub auch weiter bekommen. Insofern: wo ist das Problem?

    Natürlich ist es schade, dass man sich von HS als unserem „Jahrhunderttrainer“ und einem, der – so glaube ich – im Herzen Schalker (geworden) ist, ein halbes Jahr vor Schluß trennen muss. Aber wenn man beobachtet hat, wie teilnahmslos HS in den letzten Spielen schon auf der Bank gesessen hat, als würde ihn unser Spiel genauso anöden wie uns Zuschauer, dann war eigentlich deutlich, dass er im Grunde innerlich wohl schon mit Schalke (für dieses Vertragsengagement) abgeschlossen hatte.

  4. Heikoo4am 17. Dezember 2012 um 18:38 4

    Ich wollte die ganze Zeit was neues schreiben, es kommt aber immer wieder auf das gleiche raus was ich schon beim letzten mal geschrieben habe, deshalb wiederhole ich`s einfach nochmal :
    ……mir geht es in der letzten Zeit auch eher um die Einstellung von den Jungens.
    Jermaine, Papa und Jeff mal ausgenommen, sollte man dem Rest mal erklären um was es eigentlich geht, gut Vereinstreue zählt bei den meisten Spielern heute ja sowieso nicht mehr, Meister und ChampionsLeague das ist das was jeder spielen will und da muß einer der Mannschaft mal erklären das es an Ihr und nur an Ihr liegt sowas zu erreichen. Da muß man sich dann mal zu einem Verein oder einer Mannschaft bekennen und sagen : Ja mit der Truppe will ich CL spielen und dafür auch alles tun, dann würde es auch klappen 100%tig.
    Aber da sind ja noch Vertragsverhandlungen und andere Vereine, ich frage mich wieviel Gier da noch ist um noch mehr Knete zu scheffeln oder was auch immer für Gründe da eine Rolle spielen.
    Warum sagt ein Huntelaar oder ein Holtby nicht klar und deutlich : der S04 ist mein Verein, hier bleibe ich und mit dem Club werde ich Meister und spiele CL !
    Dann wären die Köpfe frei und mit dem nötigen Willen ginge es dann auch nach vorne, bestimm und sicher.
    Das würde allerdings voraussetzen das sich die Mannschaft genauso zum Verein bekennt wie die Fans, welch ein Traum, aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.
    Ja, ich weiß in der Welt des heutigen Fußballs ist das vielleicht naiv gedacht, aber es könnte so einfach sein.
    Lasst uns Schalke leben – ALLE !!!
    In diesem Sinne, lang lebe Marcello Bordon !
    Glück auf und gutGEhn

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