Beim 1:2 in Duisburg nutzte nur Uchida seine Chance

27. Jul. 2011 | 3 Kommentare

Schalke verliert in das Benefizspiel in Duisburg verdient mit 2:1. Hätte der MSV seine Chancen in der ersten Halbzeit besser genutzt und das Schiedsrichtergespann zu Beginn der zweiten Halbzeit nicht einem regulären Treffer die Anerkennung verwehrt, wäre das Spiel dem Verlauf entsprechender mit 4:1 oder 5:1 ausgegangen. Die Spieler in Königsblau zeigten nur 25 Minuten lang die Idee eines Leistungsvergleiches. Nach der starken Anfangsphase, in der Draxler mit einem sensationellen Dribbling das 1:0 durch Edu vorbereitete, verabschiedete sich Schalke in die Statistenrolle. OK, es war nur ein Testspiel. OK, es ging um den guten Zweck. OK, Schalke trat hauptsächlich – die Ausnahme war nur Julian Draxler – mit Personal aus der zweiten Reihe an. Dennoch: So wie gestern darf sich ein Team mit Ambitionen nicht präsentieren. Ich habe keine Lust auf durchaus angebrachte Schmähkritik oder Einzel-Spielerbewertungen. Dafür war es dann eben doch nur ein Testspiel. Doch ein paar Details fielen auf.

Schalke versuchte es insbesondere in der ersten Halbzeit erstaunlich oft über Uchidas Außenbahn. Manchmal wurde der gesamte Aufbau völlig ohne Not auf seine Seite verlagert, damit der Japaner sich in Szene konnte. Uchida bereitete das 1:0 mit seiner Flanke auf Draxler vor und servierte sowohl Edu (15. Minute) als auch Moravek (25. Minute) elegante Vorlagen auf den Kopf, die diese frei vor dem Tor vergaben. Wenn es überhaupt gestern einen Gewinner auf Schalker Seite gab, dann war es Atsuto Uchida.

Auffällig war auch, wie hilflos Schalke im Mittelfeld ohne Holtby, Raúl und Baumjohann sowie – ab der zweiten Halbzeit – Draxler agierte. Moravek gelang es zu keiner Zeit, im Spielaufbau Akzente zu setzen. Auch Peer Kluge, der in der vergangenen Saison noch als „Kluginho“ glänzte, mangelte es am Spielverständnis. Kluge war neben Hans Sarpei der schwächste von vielen schwachen Akteuren auf dem Spielfeld.

Ins Auge sprangen die Brüche im Spiel. Zwischen aggressivem Tempo-Pressing und lethargischer Anteilnahmslosigkeit liegen bei Schalke nur wenige Wimpernschläge. Während der erste Anzug es am vergangenen Samstag zumindest über die gesamte Spieldauer hinweg zumindest hin und wieder schaffte, früh auf Gegner und Ball zu gehen, ist Schalkes B-Elf dazu nicht fähig. Nicht umsonst brüllte sich der Trainer an der Seitenlinie die Kehle heiser. Vergeblich.

Die bitterste Erkenntnis von gestern war aber die, dass Rangnick richtig liegt, wenn er vehement einen weiteren Stürmer fordert. Seinen 68 abgemeldeten Minuten im Spiel gegen Dortmund fügte Klaas-Jan Huntelaar gestern nach seiner Einwechslung noch einmal 27 hinzu. Nicht einmal gegen eine Zweitligaabwehr schaffte es der Holländer, eine Situation auf spielerischem Weg zu lösen. Von einem Weltklassestürmer erwarte ich mehr als frei stehend vor dem Tor zu „knipsen“. Zumindest ein Dribbling gegen den MSV-Nachwuchs darf auch mal gewonnen werden. Huntelaar schaffte es nicht. Er machte in den Minuten seines Einsatzes eine hundselende Figur.

Vor fast genau einem Jahr sah ich ein ähnlich blutleeres Spiel einer Schalker B-Mannschaft. Damals unterlag man im Test mit 1:2 gegen Köln. Nach dem Spiel tröstete man sich, dass es ja um Nichts gegangen sei. Mit diesem Gemütsvalium im Magen legte Schalke den schlechtesten Start aller Bundesligisten hin und versemmelte eine gesamte Spielzeit bereits in den ersten Spieltagen.

Fußball ist ganz oft auch eine Charakterfrage. Diesen Charakter habe ich gestern vermisst, gerade auch weil der MSV Duisburg der letzte ernsthafte Testgegner vor dem Bundesliga-Auftakt in Stuttgart war.

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3 Kommentare zu “Beim 1:2 in Duisburg nutzte nur Uchida seine Chance”

  1. wilboram 27. Juli 2011 um 09:02 1

    Muss Dir voll und ganz zustimmen. Abgesehen vom Benefizcharakter des Spieles, muss man der zweiten Garde die Leistungsbereitschaft absprechen. Wann will ich denn sonst dem Trainer zeigen, dass ich eigentlich in die Erste gehöre?

    Wer dieses Spiel gesehen hat, braucht sich zum Saisonstart nicht zu wundern, warum Metzelder, Kluge und evtl. Moravek nicht in der ersten Elf stehen.
    Der Einzige Härtefall ist wirklich Uchida. Zwischen ihm und Höger wird es eng.
    Die restliche Aufstellung ergibt sich leider von selbst…

    Den Hunter nehme ich jetzt mal aus. Vorne kamen ja in den zweiten 45 Minuten weder Flanken noch Pässe an, deshalb sieht dort momentan jeder schlecht aus.
    Unser Offensivspiel macht mir wirklich Sorgen…und dies nicht nur seit dem gestrigen Spiel.

  2. Jochenam 27. Juli 2011 um 12:06 2

    Dem bleibt nichts hinzuzufügen. Unterstreichen möchte ich die Einschätzung zu Huntelaar, da muss ich „wilbor“ auch widersprechen. Hoffentlich geht er nicht in die Geschichte ein als teuerster Fehleinkauf von S04.

  3. Matthiasam 27. Juli 2011 um 14:01 3

    Ich erwarte einfach mehr von einem Stürmer, als dass er mit einem gaaaaanz langen Bein den Ball aus vier Metern Entfernung über die Linie drückt. Huntelaar besitzt Knipser-Qualitäten – das ist unbestritten. Aber spielerisch ist er mindestens zwei Klassen schlechter, als es selbst Kevin Kuranyi war.

    Bei den letzten Auftritten von Huntelaar, die ich in voller Länge genießen konnte (im Trainingslager gegen Anzhi Makhachkala, im Supercup gegen Dortmund und gestern in Duisburg) war er unterirdisch. Gegen Dortmund und gestern in Duisburg hing er dermaßen in der Luft, dass man an seiner statt auch eine Tüte Backpulver auf den Rasen hätte werfen können.

    Natürlich lebt ein Stürmer seines Typs in erster Linie von den Flanken und Vorlagen. Natürlich tut sich Schalke schwer, den Ball schnell und präzise in die Spitze zu spielen. Wenn das aber im Umkehrschluss bedeutet, dass Huntelaar gegen einen tief stehenden Gegner, der keine (aber auch nicht allzu) schnell gespielten Bälle in die Spitze zulässt, sich nicht entfalten kann, dann muss man in der Tat fragen, ob er uns weiterbringen wird.

    Gestern sah ich nach dem Schalker Spiel das Testspiel der Bayern gegen Mailand. Dort zeigte Mario Gomez, wie ein moderner Stoßstürmer spielen kann. Er schirmte den Ball ab, setzte sich durch Dribblings in Szene, generierte Chancen aus dem Nichts. Huntelaar hingegen steht minutenlang auf dem Feld herum und wartet daruf, dass ihm der Ball im Fünfmeterraum auf das Knie fällt. Und dass ein Weltklasse-Stürmer nicht ein einziges erfolgreiches Dribbling gegen einen Zweitliga-Ersatzbank-Verteidiger hinbekommt ist – kurz gesagt – peinlich.

    Ich will mich nicht auf ihn einschießen, aber das was er seit einem driviertel Jahr zeigt ist Murks. Das muss man auch so benennen dürfen.