Der nutzlose FanCard-Trick

13. Jul. 2007 | Keine Kommentare

Zum ersten Mal hörte ich im Jahr 2001 von ihr. Gemeint ist die „FanCard des Schalker Fanclub Verbandes (SFCV)„. Dass ich von ihr hörte, war damals ein großes Ärgernis für mich, denn die bis dato ziemlich unbekannte Plastikkarte sollte mit einem Mal ungeheuerliche Macht erhalten. Nur wer eine Fan-Card sein eigen nennt, so teilte der FC Schalke 04 zum Ende der Saison 2001/02 mit, erhalte ein Ticket für das anstehende Pokalfinale in Berlin gegen Bayer Leverkusen. „Fan… was?“, war allenthalben die Reaktion unter den Schalker Anhängern, die dem DFB-Pokalfinale entgegen fieberten. Mit viel Glück und einigen Kontakten gelang es mir dennoch, ein Ticket für das Finale zu ergattern. Andere hatten weniger Massel und mussten mit dem heimischen Fernseher vorlieb nehmen. Eines hatten der Verein und der SFCV jedoch mit der unkonventionellen Ticket-Vergabeaktion zweifelsohne geschafft: Die Fan-Card war über Nacht bekannt und begehrt. Ich habe mir trotzdem nie eine besorgt.

Bereits 2005 hätte sich das bitter rächen können, denn wieder stand ein Pokalfinale an, wieder war die Nachfrage größer als das Angebot. Doch ganz wie ich es erwartete, änderte der Verein die Vergabepraxis. Die FanCard, mittlerweile hatten sich mehrere tausend Fans den vermeintlichen Ticketquell gesichert – hatte plötzlich als Kriterium ausgedient. Nun zählten Vereinsmitgliedschaft und gleichzeitiger Besitz einer Dauerkarte. Somit hatte ich wieder Glück und durfte das Finale gegen den FC Bayern in Berlin live erleben.

Danach scherte ich mich eigentlich überhaupt nicht mehr um die FanCard. Bis ich vor kurzem erfuhr, dass aus dem unscheinbaren Stückchen Kunststoff wiederum eine sprudelnder Ticketquell geworden zu sein schien. Denn der SFCV höchstselbst bewarb die Karte mit den Worten, dass jeder Inhaber bis zu sechs Einzektickets für Schalker Heimspiele erhalten könne. Eine ganz ähnliche Regelung also wie bei der Mitgliederaktion des FC Schalke 04 – eine zusätzliche Möglichkeit allemal. Nicht wenige Freunde von mir sicherten sich in den vergangenen Monaten ihre Fan-Cards. Alle getrieben von der Hoffnung, dass die Ankündigung des Fanclub-Verbandes verlässlich sei.

Heute erreichte mich folgender Text des SFCV, den ich in gekürzter Form wiedergebe:

Aufgrund der enormen Menge an bestellten Eintrittskarten für die Heimspiele unseres FC Schalke 04 – die in diesem Jahr selbst uns völlig von den Socken gehauen hat – hat sich der Vorstand des SFCV, schweren Herzens, dazu durchringen müssen, nachträglich einen neuen Modus für die gerechte Ver- bzw. Zuteilung dieser Tickets zu beschließen. (…).

Der unglaubliche Ansturm auf die heiß begehrten Heimspielkarten würde ansonsten dazu führen, dass unsere Ticketabteilung pro FanCard im Schnitt – wenn überhaupt – nur eine Karte pro Bestellung zuteilen könnte. Viele Besteller würden sogar komplett leer ausgehen, da uns für die ca. 6000 zur Verfügung stehenden Karten weit mehr als 10.000 (!!!) Anfragen (= 60.000 Karten) vorliegen!

Demnach müssen wir euch leider mitteilen – auch wenn es weh tut, auch wenn es für uns letztlich ebenfalls einen doppelten und dreifachen Arbeitsaufwand bedeutet – dass alle bis heute eingegangenen Eintrittskartenbestellungen von FanCard-Inhabern für unsere Heimspiele als ungültig erklärt werden müssen. (…)

Ab sofort gilt daher folgende Neuregelung: Es können maximal zwei Heimspielkarten pro FanCard bestellt werden, allerdings können diesmal nur SFCV-Mitglieder Tickets bestellen, die schon in der Saison 2005/06 eine FanCard hatten und diese auch heute noch haben!!! (…)

Tja, war wohl nix. Jeder, der sich auf die vollmundige Ankündigung des SFCV verlassen hat, die Fan-Card biete die Möglichkeit auf sechs zusätzliche Heimspielbesuche, ist nun kräftig vor den Kopf gestoßen. Doch kam das wirklich völlig unerwartet?

Im Jahr 2001 besaßen gerade einmal etwas mehr als 4000 Schalkefans eine Fan-Card. Bereits im folgenden Jahr, also nach der Vergabe der Pokalfinalkarten 2002, waren es rund 7.500! Seitdem ist die Zahl der Besitzer kontinuierlich auf hohem Niveau angewachsen. Im letzten Jahr waren es demnach knapp 14.000 Besitzer. Wie viele tausend in den letzten Monaten hinzugekommen sind, sagt die Webseite des SFCV nicht. Gehen wir der Einfachheit halber deshalb von (sehr konservativ geschätzen) aktuellen 16.000 FanCard-Inhabern aus.

Nach eigenen Angaben kann der SFCV über die FanCard 6.000 Tickets verteilen. Bei im vergangenen Jahr 14.000 Inhabern eine dramatische Unterdeckung. Doch anscheinend hat es ja trotzdem funktioniert. Ergo hatte 2006 nur jeder 14. Inhaber einer Karte die Option auf sechs Spiele gezogen. Und nun sind es also rund zwei Drittel aller aktuellen Inhaber (10.000 von 16.000), die Tickets über die Fan-Card beziehen möchten? Nummerisch ausgedrückt ein Anstieg von 0,07 auf 0,66. Das ist in der Tat gewaltig!

Das ist in der Tat sogar so gewaltig, dass mir ernste Zweifel kommen. Woher das plötzliche Interesse an der Ticket-Option via Fan-Card? Warum wurde aus einem Geheimtipp über Nacht ein Massenphänomen? Hat der SFCV am Ende gar etwas zu viel Werbung für seine Fan-Card gemacht und dabei etwas zu sehr die Hoffnungen auf Tickets geschürt? Die Vermutung liegt zumindest nahe.

Und während ich darüber sinniere fällt mir ein Gespräch mit dem Vorsitzenden eines großen Fanclubs ein, den ich bei der Warterei im Rahmen der Mitgliederaktion kennen lernte. Er berichtete mir davon, dass seine knapp 200 Fanclub-Mitglieder automatisch allesamt auch Inhaber einer FanCard seien, schließlich wäre dies die einzige Möglichkeit, die Interessen eines derart großen Fanclubs in Fragen der Ticketverteilung auch nur ansatzweise zu befriedigen. Die 200 Bestellungen würden demnach zentral vom Fanclub übernommen und gesammelt beim SFCV abgegeben. Da wundert es dann kaum noch, dass das rechnerische Kontingent von 1000 FanCard-Inhabern, die jeder sechs Karten bestellen und erhalten können, recht schnell überschritten war.

Zum Abschied erzählte mir dieser Fanclub-Vertreter dann noch, es gäbe Gerüchte, im kommenden Jahr erhalte jeder FanCard-Inhaber nur noch ein bis zwei Tickets. „Sollte das wirklich so kommen, hat der SFCV am nächsten Tag 200 Kündigungen auf einmal auf dem Tisch liegen“, waren seine Worte. Ich tippe, er ist nicht der einzige, der so denkt.

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