Ein Urteil und keine Folgen

07. Aug. 2008 | 6 Kommentare

Es gehört seit je her zum guten Ton in Rechtssystemen, dass Entscheidungen eines Gerichts akzeptiert werden. Nun sind allerdings weder die FIFA und erst recht nicht das IOC Rechtssysteme, eher gut geschmierte Diktaturen mit Allmachtsaphantasien. Und so verwundert es kaum, dass sich sowohl FIFA-Chef Blatter als auch der IOC-Vorsitzende Rogge extrem abfällig über den Richterspruch des CAS äußerten. Der dicke Sepp aus der Schweiz heult heute wie ein geprügelter Köter in den Medien:

Das ist sehr traurig, und die Welt versteht das nicht. Wenn alle Nationalteams ihre Spieler verlieren, wenn die Clubs sie zwingen, heimzufliegen, dann haben wir hier schlichtweg kein olympisches Fußballturnier. Dann können wir auch Strand-Fußball oder Fünf gegen Fünf spielen.

Da kämen einen jetzt fast die Tränen, wenn man nicht wüsste, wie der dicke Sepp in den letzten Wochen geltendes FIFA-Recht bis zum Bersten gebeugt und schließlich sogar manipuliert hat. Mit seinen immer wiederkehrenden und – das ist jetzt sogar sportgerichtlich anerkannt – falschen Aussagen zu einer angeblichen Abstellungspflicht, rief Blatter aus einer vermeindlichen Position der Stärke offen zum Vertragsbruch auf. Und jetzt winselt er, windert sich und bettelt um Solidarität? Sorry – bei so viel klebriger Scheinheiligkeit wird mir kotzübel.

Dabei ist alles allein die Schuld des Schweizers und seines togolesischen, mauretanischen und usbekischen Hofstaats. Hätte das Olympische Turnier im Rahmenterminplan gestanden, stünde die Abstellungspflicht außerhalb jeglicher Diskussion. Da man aber – im Sinne des Geldverdienens – nicht auf einen Spielbetrieb in den Ligen und den ersten Spieltag der WM-Qualifikation in Europa verzichten wollte, verzichtete man eben darauf, das Turnier rund um Peking zu „adeln“. Insofern hat Blatter sogar Recht, wenn er von „Strand-Fußball Fünf gegen Fünf“ spricht. Genau diesen Stellenwert hat das Olympia-Turnier – allerdings bereits jetzt schon!

Dass der brasilianische Verband CBF nun überhaupt kein Interesse daran hat, Gehälter oder gar Versicherungssummen für Spieler zu zahlen, war abzusehen. Wem seit Wochen von höchster Stelle so der Bauch abgeknutscht wird, den kümmert es einen Dreck, was irgendwelche Vereine in Deutschland fordern. Die Konsequenz muss deshalb sein: Packt sie da, wo es Ihnen weh tut! Brasilien will unbedingt Olympiasieger werden. Also lasst sie ruhig alle Vorrundenspiele gewinnen und klagt dann auf Aberkennung der Punkte. Der Grund: Es werden Spieler eingesetzt, die bei diesem Turnier nicht spielberechtigt sind. Und zwar in nicht unerheblicher Anzahl. Zumindest in der Bundesliga und auf europäischer Ebene würde dies mit ziemlicher Sicherheit Konsequenzen haben – warum also sollte sich das CAS in einer neuerlichen Entscheidung nicht auch auf dieses geltende Recht beziehen?

Generell halte ich es bei so viel offen vorgetragener Arroganz mittlerweile mit Herrn Wieland:

Dass das sofortig Zurückholen sportlich keinen Sinn machen würde ist jedenfalls Quatsch. Bis einschließlich 23.08., dem Tag des Endspiels beim Olympischen Fußballturnier, hat Schalke vier Pflichtspiele. Drei Tage später das Rückspiel in Madrid. Wenn Rafinha jetzt in 3 Tagen nicht in den Mannschaftsrhythmus finden kann, wird er es Ende August auch nicht können. Aus dieser Sicht ist jeder Tag, an dem er nicht hier ist, ein verlorener Tag.

Für mich spielt Rafina indes in dieser Saison eigentlich keine Rolle mehr. Es wäre schon sehr erstaunlich, wenn Fred Rutten ihn sofort nach seiner Rückkehr in die Stammelf beorderte. Vielmehr wäre ich dafür, auch Rafinha dort zu packen, wo es ihm weh tut. Eine Nicht-Nominierung für die kommende Champions-League-Saison bzw. den UEFA-Cup würde den Bengel sicherlich mehr treffen als alle Geldstrafen der Welt.

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6 Kommentare zu “Ein Urteil und keine Folgen”

  1. Carlam 7. August 2008 um 22:19 1

    Danke Matthias, Du sprichst mir aus der Seele.

  2. PeterPyroam 8. August 2008 um 10:38 2

    Mir auch!

  3. LedZepam 8. August 2008 um 11:29 3

    A. Müller sollte dem Spuk sofort eine Ende machen und Rafinha zurück beordern. In der U23 könnte sich Rafi dann für weitere Einsätze empfehlen.

  4. Matam 8. August 2008 um 11:58 4

    Sehr guter Kommentar, alles richtig! Lasst Rafinha wo er sit, dann soll er versuchen sich in die Startelf zu trainieren. Rutten ist kein Depp, der wird das schon richtig machen und wenn Rafinha Olympiasieger wird und wir ein Angebot über 20 Mio. von Liverpool bekommen, dann Ciao!

  5. Meikam 8. August 2008 um 17:02 5

    Hallo Matthias,

    DANKE !!! Ich hätte es nicht besser beschreiben können, da ich bestimmt ausfallend werde, so einen Hals bekomme ich bei dem Thema. Zu den Konsequenzen: Den „guten Raffi“ zurückordern, 2 Wochen hart trainieren lassen, gegen Hannover96 auflaufen lassen, auspfeifen und beschimpfen, 2. Minute rausnehmen und nach Beedigung des olympischen Party-Fußball-Turniers auf die Transferliste setzen. Fertig !!!

  6. Herr Wieland (Drei Ecken, ein Elfer)am 8. August 2008 um 22:35 6

    Danke für den Link.
    Aber natürlich wird es anders kommen als Du (und die meisten hier) hoffst, denn wie Mat richtig sagt, Rutten ist kein Depp. Er will erfolgreich Fußball spielen lassen. Also wird er seinen besten Spieler so schnell es geht in die Mannschaft einbauen und hoffen, dass eben kein Club mit dem dicken Scheck kommt und wieder neue Unruhe verursacht.
    Und mit ruhigem Puls betrachtet wäre es auch ziemlich albern, einen bestimmten Spieler bei einem bestimmten Spiel unbedingt dabei haben zu wollen, dafür sogar vor Gericht zu ziehen, und dann auf diesem Spieler plötzlich freiwillig zu verzichten.

    Egal wie wir es finden: Die guten Spieler sitzen gegenüber 95% der Clubs am längeren Hebel. Alle guten Spieler, nicht nur Rafinha.