So geht’s natürlich auch

17. Okt. 2008 | 2 Kommentare

Was musste sich Kevin Kuranyi in den letzten Tagen medial alles anhören. Er habe sich überschätzt, sei das Paradebeispiel eines selbstverliebten Fußball-Schönlings, kann sowieso nur Nutella-Brote schmieren und überhaupt sei sein heimlicher Abgang in der Halbzeit des Länderspiels in der vergangenen Woche stillos und eitel gewesen. Kuranyi, da war sich die versammelte Journalisten-Kompetenz sehr schnell einig, hat dem Fußball, dem Sportsgeist und allem, was dem Fan irgendwie heilig ist, geschadet. So schnell und einhellig ist in den letzten Jahren sicherlich kein Stab mehr über einen Sportler gebrochen worden. Selbst ertappte (bzw. selbst geoutete) Dopingsünder genossen zuweilen größere Wertschätzung, wie das große Hallali um Erik Zabels letztes Radrennen auf deutschem Boden vor knapp zwei Wochen in Münster bewies.

Ich war von Anfang an der Meinung, dass die Art und Weise von Kuranyis Tribünen-Abgang eigentlich nicht die schlechteste Lösung war. Natürlich, er hätte sich auch mit Leichenbittermine hinsetzen, grummeln und dabei von TV-Kameras abfilmen lassen können, hätte mit vagen Andeutungen aus der Mannschaft heraus stänkern oder heimlich SMS an befreundete Journalisten schicken können. Er hätte selbstverständlich auch seinen Vereinstrainer und seinen Manager für sich kämpfen lassen können, die dann noch am Tag vor dem Spiel gegen Wales poltern, dass man sich das so auf gar keinen Fall vorgestellt hatte. Hat Kuranyi aber nicht. Er ist einfach gegangen und hat sich am Tag darauf – aus meiner Sicht übrigens durchaus einen Tick zu devot –  sogar noch artig dafür entschuldigt.

Warum ich diese eigentlich olle Kamelle noch einmal hervorkrame? Darum:

Derzeit bin ich echt nachdenklich, der Rücktritt schießt mir immer wieder durch den Kopf. Ich vermisse beim Trainer Rückendeckung, Vertrauen und auch Respekt. (…) Ich spiele nicht, darf mich (…) noch nicht mal warmlaufen. Das war für mich die Krönung, eine Demütigung. Ich denke an Rücktritt (…) weil mir die letzten Tage die Augen geöffnet haben. (…) Ich weiß, was ich kann, was ich für den DFB und auch für Jogi Löw geleistet habe – und damit weiß ich auch, dass ich so nicht mit mir umspringen lassen möchte. (…) Ich habe nichts gegen Simon Rolfes oder Thomas Hitzlsperger. (…) Ich weiß aber auch: Sie sind nicht besser! In der Nationalelf sollte doch immer noch die Leistung aus der Bundesliga entscheidend sein.

Das ist dann also die Art und Weise, wie sich ein vom Bundestrainer enttäuschter Spieler verhalten soll? Ganz ehrlich: Da sind mir Spieler, die für sich selbst einen Entschluss gefasst haben, einfach aufstehen, gehen und die Klappe halten irgendwie lieber.

Aber was verstehe ich schon von Fußball, Sportsgeist und Dingen, die dem Fan irgendwie heilig sind?

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2 Kommentare zu “So geht’s natürlich auch”

  1. hellwacham 21. Oktober 2008 um 20:55 1

    Nee Matthias,

    http://www.welt.de/welt_print/article2603041/Schalke-staerkt-Kuranyi-nach-dem-Spiessrutenlauf.html

    das ist absolut aktuell. Und Dank Frings bleibt das so.

    Meine Fragen bleiben ebenso unbeantwortet: Wittmann, Förster, Müller, Trainer (nicht Rutten, da sind auch noch Mike und Youri), wer kümmert sich eigentlich um den Menschen K.K.?

    Das Thema ist kein Tagesthema, kein Kevin-Thema, wie Frings deutlich macht, sondern wie du es beschrieben hast, ein Thema des Stils, der in der (Menschen-) Führung der Nationalelf gepflegt wird.

  2. Matthiasam 21. Oktober 2008 um 22:10 2

    Zum Thema „Kuranyi und sein Beraterstab“ hat der Stern am vergangenen Wochenende etwas geschrieben. Allerdings weiß ich nicht, wie seriös der Artikel ist. Er liest sich irgendwie wie ein „Ätsch, bätsch, ich weiß etwas was du nicht weißt und bevor es jemand anderes schreibt, schreibe ich es, auch wenn es mit der Sache vielleicht gar nichts zu tun hat.“ Naja, soll sich jeder seine eigene Meinung bilden. Hier geht es zum Stern-Artikel.