Viel gemacht, hat wenig gebracht

26. Nov. 2012 | 13 Kommentare

Schalke 04 spielt gegen Frankfurt 1:1 und darf sich nach 90 Minuten darüber ärgern, dass es „nur“ ein Unentschieden war. Noch nach 45 Minuten war man mit einem Remis gut bedient. Doch in der zweiten Halbzeit erarbeiteten sich die Königsblauen mit großem Engagement ein Übergewicht, das zwar in einigen Chancen, nicht aber im entscheidenden Treffer mündete. So lautet das Fazit nach dem Spitzenspiel des 13. Spieltags: Schalke hat sehr viel gemacht, aber gebracht hat es unter dem Strich zu wenig.

Im Königsblog formulierte Torsten Wieland vor ein paar Tagen, dass Schalke die Leichtigkeit des Saisonstarts abhanden gekommen sei. Jedes einzelne Tor müsse sich der S04 stattdessen mit großem Aufwand hart erarbeiten. Genau so war es auch am Samstag – und dann wieder doch nicht. Denn Huntelaars 1:0 war absolut untypisch für die vergangenen Wochen. Draxler und Holtby erobern im Mittelfeld den Ball, Holtby steckt klug durch, Huntelaar verwandelt trocken. Das ging alles so schnell und so leicht, dass sich das Team darüber offensichtlich am meisten wunderte. Denn im direkten Gegenzug kassierte man das 1:1. Nach Oczipkas Flanke steht der Ball sekundenlang in der Luft, für Joel Matip jedoch nicht lange genug. Er lässt Aigner entwischen und ungehindert aus kurzer Distanz zum Ausgleich einköpfen.

Frankfurt agierte in der ersten Halbzeit stark und knüpfte an eine bislang tadellose Saison an. Die Gäste waren flinker, ballsicherer und zielstrebiger. Schalke hatte mehr als einmal Glück, dass es vor dem Halbzeitpfiff nicht noch einen weiteren Gegentreffer gab. Insbesondere über die Flügel kamen die Gäste immer wieder gefährlich in den Schalker Strafraum. In dieser Phase wirkte Schalke ungeordnet.

In der zweiten Halbzeit wandelte sich jedoch das Bild. Schalke legte eine Schüppe drauf und drängte Frankfurt weit in die eigene Hälfte. Immer wieder kam man auch zum Abschluss, doch wirklich gefährlich war es nicht, was auf das Tor von SGE-Keeper Trapp flog. Im Powerplay der Schlussphase hätte sich Schalke dann den Lohn für eine gute zweite Halbzeit holen können, das 1:1 war trotzdem ein gerechtes Ergebnis.

Mehr zum Spiel schreibt der „kicker“.

Die Abschiedsgala der „Hugos“

Gesprochen wurde am Wochenende aber nicht über das Spiel, sondern über die Geschehnisse in Block K, aus dem ich seit Arena-Eröffnung die Spiele beobachte. In den letzten zwei Jahren hatte sich die Ultra-Gruppierung „Hugos“ im unteren Eck des Blocks angesiedelt. Am Samstag drückte man mir am Eingang des Blocks einen Flyer in die Hand, in dem ich nachlesen konnte, was ich schon gehört hatte: Die Hugos waren nach ihrer individuellen Anreise zum Derby in Dortmund von der Polizei festgesetzt worden. In den Wochen nach dem Spiel habe der BVB Stadionverbote beantragt. Das Spiel gegen Frankfurt war nach aktueller Lage die Abschiedsveranstaltung der Hugos, auch wenn diese sich im Flyer nach Gesprächen mit dem FC Schalke und namhaften Fan-Anwälten zuversichtlich zeigten, dass der jetzige Status nicht von langer Dauer sei. Ein nettes Flugblatt, gut geschrieben, gut begründet und zum Kopfschütteln über die Willkür der Stadionverbots-Praxis angetan.

Doch dann nutzten die Hugos zum Anpfiff der zweiten Halbzeit ihren Abschied für eine Pyro-Show der Extraklasse. Minutenlang wurde der Block eingenebelt und ein Werbebanner ging in Flammen auf. Nach meinen Beobachtungen wurden die Pyrofackeln kontrolliert abgebrannt und nicht ziellos Richtung Innenraum geworfen. Auch waren keine „Rauchtöpfe“ dabei, sodass der abziehende Qualm zwar nervte, aber nicht in den Atemwegen brannte.

Nichts desto trotz war es eine Dummheit. Hatten die neutralen Zuschauer in Block K in meinem Umfeld nach der Lektüre des Flugblatt noch Verständnis für die Hugos gezeigt und sich über die ungerechte Praxis der Stadionverbote echauffiert, kippte die Stimmung nach dieser offenen Provokation. „Auch wenn die Dortmunder Polizei Mist gebaut hat – jetzt haben sie sich das Stadionverbot redlich verdient“ war eine Meinung, die ich aufschnappte. „Im Flyer betonen, dass man mit dem FC Schalke in Kontakt steht um die Stadionverbote zu kippen, und dann dem Verein so in den Rücken fallen“ war eine andere.

Ich sehe in Pyrotechnik nicht den Quell allen Übels. Aber ich kann auch nicht verstehen, warum die Ultras das Wohl und Wehe des Fußballs ausgerechnet an ein paar Bengalos festmachen. Pyrotechnik, verantwortungsvoll abgebrannt, macht den Fußball nicht schlimmer. Aber sie verbessert ihn auch nicht. Eine rot leuchtende Fackel ist nicht der Grund, warum Menschen ins Stadion gehen. Was aber feststeht ist, dass Pyrotechnik in deutschen Stadien verboten ist. So steht es unter anderem auch in der Stadionordnung der Veltins-Arena, deren Hausherr der FC Schalke 04 ist.

Der FC Schalke 04 wird für die Abschiedsgala der Hugos viel Geld bezahlen müssen. Standardmäßig verlangt die DFL eine Strafzahlung in Höhe von 10.000 Euro. In diesem speziellen Fall und in der aktuell angespannten Lage wird die Strafe höher ausfallen. Dieses Geld fehlt dem FC Schalke nun. Es fehlt in den Jugendabteilungen, es fehlt bei den vielen normalen Angestellten, es fehlt in der Infrastruktur. Das Geld ist einfach weg. Sinnlos verbrannt von Menschen, die keine Sekunde verstreichen lassen um zu betonen, wie wichtig ihnen der FC Schalke ist. Von Menschen, die das Millionengeschäft Bundesliga anprangern und die Einhaltung von sozialen Standards bei Eintrittspreisen einfordern. Genau diese Menschen bringen meinen Verein in einer geplanten Aktion um 10.000 Euro und mehr und spielen den Hardlinern der irrational geführten Sicherheitsdebatte voll in die Karten. Sonderlich clever kann ich das wirklich nicht finden. Es macht mich traurig.

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13 Kommentare zu “Viel gemacht, hat wenig gebracht”

  1. Marcel04am 26. November 2012 um 09:04 1

    Irgendwie wird mir nach seiner Chancenverwertung die Vertragsverlängerung von Huntelaar immer egaler.

  2. Uweam 26. November 2012 um 10:50 2

    Zunächst mal vorneweg, die Hoffnung bleibt, dass es nach dem Spiel in LEV und dem Piräus-Spiel spielerisch langsam wieder aufwärts geht. Vor allem die zweite Halbzeit gegen Frankfurt stimmt da optimistisch.

    Dass der Hunter nicht mehr so oft trifft, sehe ich nicht so kritisch. Diese Phasen haben die Torjäger immer mal wieder….

    Aber von den anderen muss eben auch was kommen und da hätte ich mir beispielsweise am Samstag gewünscht, dass unser Trainer erkennt, dass Jermaine Jones durch Julian Draxler hätte ersetzt werden müssen!

    JJ spielte soweit vorne und kam so oft in Torabschlussposition, dass die Einwechslung von Barnetta für ihn Sinn gemacht hätte. Barnetta auf die Draxler-Position links draußen und Julian auf die JJ-Position wäre für mich erfolgversprechender gewesen!

  3. blue Jeckam 26. November 2012 um 13:53 3

    abschiedsgala „Hugos“
    Ich, der nicht ganz so nah „an der Szene“ ist/war, hab mich die ganze zeit gefragt, warum, das ist doch jetzt sau dumm?
    Danke für die Schilderung!
    Und die Bewertung dazu teile ich auch voll und ganz!

  4. Benjaminam 26. November 2012 um 14:34 4

    Vollkommen richtig, der vorletzte Absatz! Es wird einfach immer viel zu oft vergessen, dass ein Stadion kein wirklich „öffentlicher Platz“ nach deutschem Recht ist, sondern dass es hier einen Besitzer gibt, der ein Hausrecht hat. Das kann nicht oft genug betont werden.

  5. Benam 26. November 2012 um 14:50 5

    Also man könnte mal wieder sagen, ach der Fuchs defensiv anfällig. Aber in diesem Spiel war es extrem auffällig wie schlecht/ wenig Draxler nach hinten arbeitet. Entweder ist das eine Traineranweisung, damit schnell Konter gefahren werden können, oder fehlendes taktisches Verständnis.
    Ich weiß nicht wie oft Fuchs in die Mitte reinrückt und dann bei einem Seitenwechsel wieder nach links außen zu kommen.

    Also da erwarte ich wesentlich mehr von meinen Draxler.

    Die gleiche Frage beim Ausgleich, ja Matip sieht schlecht aus, aber wieso kann die Flanke so ungehindert kommen.
    Das hat mich ein bisschen ans LEV Spiel erinnert unter dem Motto “ 30 Meter vor dem Tor brauch ich nicht angreifen“ und dann war Schürrle da….

  6. […] in der Weide startet in seinem Blogbeitrag zum Spiel mit einem ganz normalen Spielbericht. In der Folge äußert er sich aber auch zu den Pyroaktionen […]

  7. Malaoshiam 26. November 2012 um 15:27 7

    Matthias, Deine differenzierte – wenn natürlich auch subjektive – Betrachtung zu Pyros und Hugos ist sehr wichtig, meine Zustimmung und vielen Dank dafür!

    Schon nach den „Krawall-Meldungen“ aus Lüdenscheid hatte ich versucht, mich von unterschiedlichen Seiten zu informieren, um nicht ein so einseitiges Bild zu bekommen. Dabei haben mir sogar schwarz-gelbe Seiten geholfen, tatsächlich 😉

    In einigen Gesprächen am Samstag in der Kneipe und danach habe ich mich schwer getan, das Geschehen zu kommentieren; irgendwie wollen wir ja „die eigenen Leute“ auch immer in Schutz nehmen und keine Pauschalverurteilungen zulassen. Deine Beobachtungen (Flyer, Kippen der Stimmung, Meinungen …) helfen mir nun, mir ein etwas umfassenderes Bild zu machen.

    Und wichtig finde ich in diesem Zusammenhang auch die Strafzahlung: Die sollten wir als Fans auch nicht so einfach abtun und als Portokosten „verbuchen“. Klar kann der Verein €10.000 und mehr bezahlen. Noch klarer ist aber, dass genau dieses Geld an anderer Stelle fehlt.

    Die Aktion schadet Schalke, Verein wie Fans …und sicher auch der Glaubwürdigkeit und dem Ruf der Hugos.

  8. Carlitoam 26. November 2012 um 22:17 8

    Klasse Beitrag! Und auch von mir herzlichen Dank für die näheren Infos zur Aktion der Hugos! Ich teile übrigens Deine Meinung in Gänze, dass aber nur am Rande.

  9. Chrisam 27. November 2012 um 01:24 9

    Yup. Vielen Dank für die Einblicke auch von meiner Seite. Hab am Samstag an euch gedacht, als ich die Lichter brennen sah unf hoffte auf ein paar Infos.
    Ich bin ein großer Freund von Lichteffekten und Feuerwerk, aber den Reiz der Pyros habe ich nie ganz verstanden. Das ist im Gegensatz zu dem, was die Ultras sonst so an Choreos drauf haben total öde.
    Am Ende ist es einfach viel Jugend, viel Testosteron, viel Emotion, viel Reibenwollen.
    Denke noch immer, es müsste möglich sein, sich auf kontrollierte Pyroaktionen zu einigen.

    @Ben: Deiner Meinung. Draxler ist im Moment glaube ich etwas zu ehrgeizig und verfällt in eine robbenartigen Egoismus. Joel ist glaube ich etwas überspielt und weiß gleichzeitig, dass er der Wackelkandidat unter den drei Innenverteidigern ist.

    @Marcel04: Der Hunter hat einen Ein/Aus-Schalter kommt mir vor. Entweder er wird Torschützenkönig oder er trifft gar nicht. Dazu muss er immer spielen, damit er in seine guten Phasen kommt. Geht aber, wenn es andere gibt, die Tore schießen können, denn er macht auch ohne Torerfolg oft einen guten Job vorne.
    Die Frage ist ja ohnehin, wie wir diese Leerstelle füllen könnten? Bei Puki glaube ich nicht mehr an den Durchbruch in königsblau. Marica ist in meinen Augen nicht die Lösung. Auf Philipp Hofmann freue ich mich sehr, aber das ist keine Lösung für 2013/2014.
    Letztlich hoffe ich doch, dass es Horst Heldt gelingt, es beim Hunter und bei Holtby so hinzubekommen wie bei Jeff. Verlängerung bei fixer (hoher) Ablöse.

    Hat noch jemand außer mir den Montagskicker der letzten Woche gelesen? Mit der Statistik zu den Torhütern? Lars Unnerstall gehört sowohl bei den Abschlägen als auch bei den Abstößen zu den 3 besten Torhütern in der Liga (% der Bälle, die einen Mitspieler erreichen). Hand auf’s Herz: Wer hätte das gedacht?

    (So. Ende der Logorhoe. Hatte viel zu sagen. Sorry.)

  10. Stephanam 27. November 2012 um 06:42 10

    @ Chris: Es kommt nicht immer darauf an wie gut die guten Abschläge, sondern wie schlecht die schlechten sind!

  11. RWDJojoam 27. November 2012 um 14:43 11

    @Chris

    Am Ende ist es einfach viel Jugend, viel Testosteron, viel Emotion, viel Reibenwollen.

    Der Reiz an Pyro ist doch u.a. der, dass es verboten ist! Sehe ich auch so wie du. Es ist halt eine Mischung aus jugendlichem Ungehorsam und der Fazination von Feuer. Aber daher würde Pyro seinen Reiz verlieren, wenn man es legalisiert und man es kontrolliert („kontrolliert“ im Sinne vorgegebener Platz, Zeitpunkt, etc.) zünden soll.

    Hmmm… ein netter Gedanke! Also, LEGALISIERT PYRO, dann seid ihr das Problem los, weil keiner mehr zündeln will 🙂

  12. Matthiasam 27. November 2012 um 15:25 12

    @RWDJojo: Genau diesen Gedanken hatte ich vor ein paar Monaten auch schon. Damals wie heute bin ich davon überzeugt, dass die Vorschläge, die von der Kampagne „Pyrotechnik legalisieren“ gemacht wurden, gar nicht umsetzbar waren, bzw. gar nicht umgesetzt werden sollten. Der Öffentlichkeit verkauft wurde das Bild des speziell geschulten Pyro-Abbrenners, der in einem speziell abgesperrten Evakuations-Bereich unter Aufsicht der Feuerwehr eine Fackel zu einem festgelegten Zeitpunkt anzündet. Dieser Zustand ist mit dem Bild der ausgelassenen in der Masse hüpfenden Bengalos, das die Pyro-Befürworter sehen und feiern wollen, genau so weit entfernt wie das derzeitige Komplett-Verbot. Deshalb kam ich mir damals – kurz gesagt – von der Kampagne verscheißert vor. Und wer mich verscheißern will, darf nicht unbedingt damit rechnen, dass ich zu 100% hinter ihm stehe. So viel freien Willen habe selbst ich als Fußballfan noch.

  13. Nilsam 29. November 2012 um 10:08 13

    Im „Kurvenfunk“ gibt es ein Interview mit einem Mitglied der Hugos.
    Er nimmt Stellung zu den Vorfällen in Dortmund und in zur Aktion vom Samstag.
    Hier ab ca. 51. min:
    http://soundcloud.com/kurvenfunk/kurvenfunk-november2012

    Falls es noch wen interessiert…

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